[Deutschland] Sonne, blauer Himmel und warme Temperaturen – der Frühling weckt nicht allein die Natur aus dem Winterschlaf und verleiht vielen Menschen neue Vitalität, jetzt beginnt auch die neue Oldtimer- und Cabrio-Saison. Für Autofreunde und ihre mobilen Schätze gibt es kein Halten mehr. Allerdings bleibt die lange Standzeit während der Wintermonate nicht ohne Auswirkungen auf das Fahrzeug. Vor der ersten Ausfahrt sollte daher in jedem Fall die Fahrzeugtechnik einem gründlichen Check unterzogen werden. Der Automobilclub von Deutschland (AvD) gibt Tipps, damit die erste Ausfahrt nicht zum Pannenfall wird.
Es fängt mit einer guten Planung an
Bevor der Selberschrauber seinem automobilen Schatz zu Leibe rückt, steht eine gründliche Bestandsaufnahme in Form einer Sichtprüfung auf dem Programm:
- Wie sehen die Bremsen aus?
- Gibt es Undichtigkeiten?
- Sind Leitungen und Schläuche okay?
- Was macht die Batterie?
- Zeigt die Karosserie Schadstellen?
- Wie ist es um Zustand und Alter der Bereifung bestellt?
Da gerade bei klassischen Autos eigentlich immer etwas zu finden ist, sollten die anzugehenden Punkte schriftlich auf einer Liste festgehalten und anschließend priorisiert werden. Die für den Betrieb und die Fahrsicherheit relevanten Mängel erhalten die höchste Wichtigkeit, Maßnahmen zur Verbesserung von Optik und Zustand rangieren entsprechend nachgeordnet.
Kontrolle von Betriebsflüssigkeit und Schmierstoffen
Alles beginnt mit der Prüfung von Betriebsflüssigkeiten und Schmierstoffen. Ist der Füllstand ausreichend? Wie ist der Zustand? Bei Automatikfahrzeugen ist zudem eine Kontrolle des Getriebeöls empfehlenswert. In jedem Fall gilt: Bei dunkler Verfärbung oder starkem Geruch lieber den entsprechende Betriebsstoff ersetzen, denn der akkurate Zustand reduziert mittelfristig den Verschleiß und beugt größeren Garagenaufenthalten während der Saison vor.
Stand der Klassiker länger als sechs Monate still, ist ohnehin ein Ölwechsel sinnvoll, weil das Öl dann mit Kondenswasser und abgelösten Partikeln verunreinigt sein kann. Dabei den Ölfilter nicht vergessen. Das Alter des Fahrzeugs bestimmt die Wahl der richtigen Öl-Sorte. Vor 1960 enthielten Motoröle kaum nennenswerte Reinigungsstoffe (Stichworte: Dispergier- und Detergiervermögen).
Zehn Jahre später, also ab 1970, wurden bereits entsprechende Substanzen zugemischt, allerdings in deutlich geringerem Umfang als heute. Hat das eigene Fahrzeug einen älteren, nicht aufgearbeiteten Motor sind deshalb oft Ablagerungen vorhanden, die von modernen Ölen mit hoher Reinigungswirkung abgelöst werden. Gelangen diese Partikel dann in den Schmierfilm, besteht die akute Gefahr eines Motorschadens.
Einbereichsöle sind für Klassiker die erste Wahl
Aber auch ältere Motoren, die keine Ablagerungen aufweisen, sollten nicht mit modernen, sehr dünnflüssigen Mehrbereichsölen arbeiten müssen. Denn da ihre mechanischen Teile in der Regel deutlich größere Toleranzen aufweisen, als bei modernen Motoren üblich, kann es dann zu einem Schmierfilmabriss kommen. Auch in diesem Fall wäre ein Motorschaden die unweigerliche Folge. Daher sind Einbereichsöle für klassische Automobile in jedem Fall die bessere Wahl.
Besondere Aufmerksamkeit sollte der Bremsflüssigkeit gewidmet werden. Diese ist bekanntlich hygroskopisch, also wasseranziehend. So kann sich allein schon durch die normale Luftfeuchtigkeit der in der Bremsflüssigkeit gelöste Wasseranteil in einem Umfang erhöhen, dass die Betriebssicherheit nicht mehr gegeben ist.
Wer für die Zustandsprüfung der Bremsflüssigkeit nicht eigens in eine Werkstatt fahren möchte, findet im Internet Bezugsquellen für eine eigene Prüfspindel. Für den Fall, dass es während der Wintermonate zu einem Verlust an Bremsflüssigkeit gekommen ist, ist Gefahr in Verzug. Eine penible Kontrolle des gesamten Bremssystems einschließlich aller Leitungen ist dann dringend angeraten, um mögliche Leckagen ausfindig zu machen.
Und weil die Bremsen ein ganz zentrales Sicherheitsfeature eines jeden Fahrzeugs sind, sollten Bremssättel und Beläge zum Saisonstart zumindest einer Sichtkontrolle unterzogen werden. Die Behebung eventuell erkannter Auffälligkeiten gehört dann ganz nach oben auf die Prioritätenliste.
Kühlwasser, Servolenkung und Schmiernippel nicht vergessen
Jetzt geht es ans Kühlwasser, das nach einer Kontrolle des Füllstands gegebenenfalls aufzufüllen ist. Frostschutzmittel sorgt nicht nur für das thermische Wohlbefinden des Motors, sondern wirkt auch gegen Korrosion. Beim Nachfüllen ist darauf zu achten, dass der Ausgleichsbehälter nur bis zur entsprechenden Markierung – oder wenn die fehlt – allenfalls bis zur Hälfte gefüllt wird, da der Behälter im Fahrbetrieb unter Druck steht und ein zu hoher Füllstand zu Schäden führen kann.
Die Servolenkung ist auch bei etlichen Young- und einigen Oldtimermodellen ein gängiges Ausstattungsmerkmal. Auch hier sollte die Hydraulikflüssigkeit und vor allem die Servopumpe vor der ersten Ausfahrt kontrolliert werden. Bei den meisten älteren Fahrzeugen mit dezentraler Schmierung gilt es zudem den vorhandenen Schmiernippeln, etwa an Antriebswelle, Gelenken oder Lagern, mit der Fettpresse zu Leibe zu rücken. Dabei unbedingt die Schmierpläne des Herstellers beachten. Und nicht vergessen auch die Schlösser und Scharniere sowie die Laufschienen von Schiebedächern zu ölen oder zu fetten.
Am Motor selbst die Stecker der Zündkerzen abziehen und die Kerzen herausschrauben, um sie auf Schmutz (Verkokung) oder Rost zu prüfen. Verrußte Kontakte lassen sich vorsichtig mit einer feinen Drahtbürste reinigen, während der Diodenabstand mit den entsprechenden Fühllehren zu überprüfen ist. Ummantelungen und Befestigungen von Kabeln und Kabelbaum einer genauen Sichtprüfung unterziehen. Sind Defekte erkennbar, empfiehlt der AvD, mit dem Austausch eine Fachwerkstatt zu beauftragen. Wer sich nicht zu den absolut versierten Bastlern zählt, der sollte auch Einstellungsarbeiten an Motorlauf, Vergaser und Zündung durch die Werkstattprofis erledigen lassen.
Beleuchtung und Elektrik des Fahrzeuges
Der Beleuchtung ist gerade bei Oldtimern erhöhte Aufmerksamkeit zu widmen. Hier geht es weniger darum selber zu sehen, sondern vielmehr ums gesehen werden. Denn im Vergleich zu den Lichtsystemen moderner Autos ist die Strahlkraft von Oldtimer-Scheinwerfern und –Rückstrahlern geradezu funzelig und der Ausfall eines Beleuchtungselements verschlechtert die Sichtbarkeit des Klassikers überproportional. Daher bitte am besten vor jeder Ausfahrt die Lichtanlage prüfen.
Scheinwerfergläser auf Sprünge und blinde Stellen untersuchen. Die Halterungen und Dichtungen des Scheinwerferkörpers checken. Auch die Heizung bzw. die Lüftung nicht unbeachtet lassen und auf Funktion prüfen, denn auch diese beiden Systeme sorgen für gute Sicht ebenso wie für Behaglichkeit.
Reifen immer kontrollieren
Ein ganz zentraler Punkt des Fahrzeugchecks zum Saisonstart sind die Reifen. „Standplatten“ nach langem Stehen im Winterquartier können bei zu geringem Luftdruck leicht durch das Fahrzeuggewicht entstehen. Ob ein Austausch erforderlich ist, klärt sich bei einer Probefahrt, für die zunächst der Reifenluftdruck auf den Maximalwert gebracht werden sollte. Bleibt auch nach einigen Kilometern Fahrstrecke das holprige Fahrgefühl weiterhin erhalten, sind neue Pneus fällig.
Zusätzlich gilt es das Reifenprofil und die Reifenflanken auf Beschädigungen zu kontrollieren. Die zumeist geringen Fahrleistungen von Oldtimern sorgen hingegen dafür, dass Reifenverschleiß kaum ein Thema ist. Das deutlich größere Problem ist der unvermeidliche Alterungsprozess des Gummis. Denn mit der Zeit härtet der Reifengummi aus und büßt an Haftkraft ein, was speziell bei feuchter Fahrbahn zu einem spürbaren Verlust an Seitenführung und erheblich längeren Bremswegen führt. Alle sieben bis spätestens zehn Jahre ist deshalb rundum eine neue Bereifung fällig, auch wenn die Pneus noch „gut“ aussehen.
Historische Fahrzeuge sind oft mit heute nicht mehr gängigen Reifensorten, wie etwa Diagonalreifen oder mit nicht mehr gängigen Reifengrößen unterwegs. Der Reifenkauf kann daher zur Herausforderung werden. Also: Rechtzeitig mit der Reifensuche beginnen und nicht bis auf den letzten Drücker warten. Es gibt einige Hersteller, die hin und wieder Sonderserien mit neuer Konstruktion, aber klassischer Optik in entsprechenden Größen auflegen. Diese Pneus sind allerdings zumeist teurer als moderne Standardreifen.
Ist der Klassiker mit Weißwandreifen ausgestattet, helfen bei der Reinigung nicht zu grobe Topfreinigungskissen, Neutralseife oder eine Reinigungsmilch fürs Baden. Bei hartnäckigem Schmutz vorsichtig nasses Schleifpapier mit 180er Körnung verwenden.
Unbedingt Probefahrten einplanen
Sind alle Arbeiten erledigt, folgt die Probefahrt. Die hilft nicht nur versteckte Mängel zu entdecken, sondern auch, sich langsam wieder an die Fahreigenschaften des automobilen Klassikers zu gewöhnen. Wichtiger Punkt: Den Geradeauslauf testen.
Läuft das Auto aus der Spur und erfordert permanente Lenkkorrekturen, sollte ein Fachmann das Fahrwerk überprüfen. Das gilt ebenso bei verzögerten Reaktionen auf Lenkbewegungen. Bremst das Fahrzeug ungleichmäßig und bewegt sich aus der Spur, sind Arbeiten an den Bremsen erforderlich. Dabei auch die Handbremse nicht vergessen, denn durch Temperaturschwankungen während der Standzeiten kann sich der Bremszug längen. Das Nachstellen des Hebelwegs oder der Austausch des Zugs schafft Abhilfe.
Quelle Text: AvD