[Hessen] Als wunderbarer Schritt in Richtung zur persönlichen Entschleunigung sind Wanderungen ein Gegenpol zur stressigen Berufswelt. Zu Fuß, per Pedes, unterwegs zu sein ist keine neue Freizeitbeschäftigung. Schon immer begaben sich Menschen auf Wanderungen, manchmal sogar ganze Völker. Dabei unterscheidet man die zweckgebundene von der zweckfreien Form des "Gehens in der Natur".
Wenn man es nicht als selbstverständlich ansieht, dass Menschen von A nach B laufen - z. B. weil Kraftfahrzeuge nicht zur Verfügung stehen, ist auch ein Hauch von Abenteuer dabei, wenn am Sonntagmorgen das Bündel, sprich Rucksack, für eine Wanderung "geschnürt" wird. Zu Anfang des letzten Jahrhunderts wanderte man zur Erbauung, oft mit Klampfe in Gruppen und tat seine Heimatverbundenheit kund. Inzwischen ist längst ein Wirtschaftszweig für den Fremdenverkehr daraus geworden.
Auf der Bonifatius-Route, die als Pilgerweg über interessante naturräumliche Strecken angelegt ist, gelangen Wander- und Trekkinggruppen von Mainz bis nach Fulda. Erforderlich ist eine mittlere bis gute Kondition, um die rund 180 Kilometer in neun Tageswanderungen zurück zu legen.
Bonifatius - der Benediktinermönch, geboren als Wynfreth 672 oder 675 im Südwesten Englands, war einer der wichtigsten Prediger und Kirchenreformer des frühen Mittelalters. Vieles erinnert an ihn und trägt seinen Namen. Im Vogelsberger Wald auf der Herchenhainer Höhe soll er z. B. auf der "Bonifatiuskanzel" gepredigt haben. Von Heiden 754 in Friesland erschlagen, wurde sein Leichnam von seinem Bischofssitz nach Fulda zur letzten Ruhestätte geleitet. Welchen Weg der historische Leichenzug des Bonifatius nahm, ist nicht bekannt. Man vermutet, dass er auf alten Handelsstraßen und Verkehrswegen verlief.
Ruine Konradsdorf in der Wetterau (c) HESSENMAGAZIN.de
Die Stadt Fulda notiert dazu: Manch ein Wanderer meint, heute noch den Hauch der Geschichte zu verspüren, vermutet einen gewaltigen Leichenzug, geleitet von Kaiser, Königen und Fürsten sowie den wichtigsten kirchlichen Vertretern jener Zeit. Doch die Wirklichkeit sah anders aus: Herrscher Pippin war in kriegerische Handlungen in Italien verstrickt, Franken und Mainzer stritten sich wegen der Besetzung eines Bischofsstuhls, und selbst zwischen Erzbischof Lullus von Mainz und Abt Sturmius herrschte Uneinigkeit über die endgültige Grabstätte des Bonifatius. So gaben wohl „nur“ mittelalterliche Mönche und Adelige dem Leichnam des Bonifatius ihr Geleit, aber davon vermutlich reichlich.
Das Symbol der Langsamkeit
Die Bonifatius-Route ist an der Beschilderung leicht zu erkennen: ein Bischofsstab, der zwischen verschiedenen Kreuzen hindurch auf das Wappen des Klosters Fulda weist. Wer die Bonifatius-Route entlang geht, Schritt für Schritt vorwärts kommt, hat Zeit dazu nachzudenken: über sich, sein Leben, seine Beziehungen zu Menschen und natürlich über die Natur. (Quelle: Fulda)
Aufnahmen für das Zweite Deutsche Fernsehen im Vogelsberg (c) HESSENMAGAZIN.de
Die Route bringt Pilger durch die Weinberge im Rheingau, anschließend wandert man im Frankfurter Gebiet und in der Wetterau. Weiter geht der Weg vorbei an Klöstern und Kirchenruinen auf der rechten Nidderstraße bis auf die Höhen des Vogelsberges, zum Schluss gelangt man wieder hinunter in das Fuldaer Land.
Eine Wanderkarte (1:50.000), auf der Buslinien und Haltestellen eingezeichnet sind, ist kostenlos beim Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) erhältlich. Mehr Informationen dazu - auch zu Schnuppertouren und geführten Wanderungen - gibt es im Internet.
Quelle: Brigitta Möllermann, www.HESSENMAGAZIN.de
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