[Hessen - Wetterau] Ungewöhnliche Tiergesellschaften versammeln sich im Frühjahr im Naturschutzgebiet "Bingenheimer Ried" in der Wetterau. Wo das Flüsschen Horloff zwischen Echzell und Reichelsheim das flache Grünland überschwemmt, entstand im milden Klima der Wetterau ein geschützter Lebensraum für Tiere und Pflanzen. Bis zum Beginn des Sommers brüten dort seltene Vogelarten. Um dafür den nötigen "sanften" Grasschnitt zu gewährleisten, werden seit einiger Zeit Rinderherden zur Beweidung eingesetzt, die ganzjährig draußen bleiben können. Einträchtig nebeneinander beobachtet man auf weiten Wiesen Heckrinder und das Rote Vogelsberger Höhenvieh, das fast als ausgestorben galt.
Aus dem Beobachtungsstand unterhalb von Bingenheim ragten Objektive und Fernrohre heraus. Wer auf der Bank darunter sitzt, kann Mutmaßungen und Bemerkungen von Einheimischen und rastenden Radlern zuhören. Die Spezialisten waren früh am Morgen da.
Beobachter mit Stativ und Kamera auf dem Rad- und Fußweg (c) HESSENMAGAZIN.de
Selbst Frankfurter treffen sich inzwischen hier, um Naturfotos zu schießen. Da die Wiesen für die Rinderherden eingezäunt wurden, wird das von März bis Juni durch die Untere Naturschutzbehörde ausgesprochene Betretungsverbot nun besser beachtet.
Am hellen Tag neben dem Flugplatz Reicheslheim: Ein Reh auf der Flucht, manche Straßen führen dicht am Naturschutzgebiet vorbei (c) HESSENMAGAZIN.de
Etwas problematisch ist die Nähe zum Flugplatz Reichelsheim. Bei schönem Wetter starten und landen dort in kurzen Zeitabständen kleine Flugzeuge und Hubschrauber. Auch Traktoren, die Felder bestellen, sowie viele Erholungssuchende - Spaziergänger, Radler und Skater - tragen am Wochenende zur Unruhe des von vielen Straßen und Feldwegen durchzogenen Gebietes bei.
Flugkünstler (c) HESSENMAGAZIN.de
Wer es jedoch versteht, still zu sitzen und nicht viel Krach zu machen, hört ungewöhnliche Laute über seinem Kopf und sieht herrliche Balztänze in der Luft. Neben der kleinen, einspurigen Bahnlinie Nidda-Friedberg führt ein asphaltierter Weg direkt an den Wiesen vorbei. Da laden Bänke zum Verweilen ein - mit direktem Blick Richtung Abendsonne.
Links: Gänsepaar im Flug - Rechts: Auf einer Weide nebenan - kein schwarzes Schaf mehr (c ;-) HESSENMAGAZIN.de
Die nah gelegenen Weiden an der Horloff werden von Landwirten und vielen der frei lebenden Tiere mitgenutzt. Auch Schafherden weiden dort, und Adebar ist auf Nahrungssuche unterwegs. Kaum ist er weiter gestakst, ertönt ein lautes Froschkonzert. Fotografieren ist jedoch sinnlos, die Lurche sind "tarngefärbt".
NABU: Der Weißstorch schreibt Erfolgsgeschichte im Naturschutz
Der Weißstorch ist in Hessen wieder heimisch (c) HESSENMAGAZIN.de
Da immer mehr Weißstörche in Südspanien überwintern und nicht mehr bis nach Afrika ziehen, können die Glücksbringer oft schon ab Mitte Februar wieder in Hessen beobachtet werden. Um Meister Adebar attraktive Nistmöglichkeiten anzubieten, haben Naturschützer an vielen Orten Storchenmasten aufgestellt. Den früh zurückkehrenden Störchen bietet sich daher eine große Auswahl an Brutplätzen. Diese Hilfen haben entscheidend dazu beigetragen, dass es dem Weißstorch in Hessen immer besser gefällt.
Vor 30 Jahren hat es in Hessen keine Störche mehr gegeben. Ihr Verschwinden im letzten Jahrhundert ist auf viele Ursachen zurückzuführen. Vor allem waren es die Umstellung von Weideviehhaltung auf Stallviehhaltung, Entwässerungen des Geländes und Flächenverluste in der Natur durch Bebauung. Dazu kamen Verluste durch Stromschläge von Überlandleitungen und Gifteinsatz, was zum Verschwinden des NABU-Wappenvogels führte.
Ab Mitte der 1980iger Jahre begann ein Umdenken. Mit dem Schutz und der Renaturierung von Auenlandschaften sowie dem Aufstellen von Storchenmasten ist eine Kehrtwende eingeleitet worden. „Heute gibt es wieder 200 Brutpaare in Hessen“, freuen sich die Naturschützer. Die meisten Störche leben im Hessischen Ried und in der Wetterau. Gespannt ist man darauf, wie sich die Zahl der brütenden Störche demnächst entwickelt. In den letzten Jahren ging es rasant bergauf. Selbst kalte Wochen im Frühling, die den Jungvögeln zusetzten, konnten den Aufwärtstrend nicht stoppen.
Die Zahl der Störche könnte in Hessen noch größer sein, wenn es mehr geeigneten Lebensraum gäbe. Weißstörche ernähren sich von Insekten, Fröschen, Mäusen und Fischen und sind deshalb auf Feuchtwiesen und Flussauen angewiesen. „Wir brauchen mehr Renaturierungs-Maßnahmen an Flüssen und Bächen“, fordert der NABU. Auch Feuchtwiesen müssten konsequenter geschützt werden.
Quelle Text: NABU 2011
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