[Frankfurt] Alte Motoren, Apparate und Maschinen werden in der Technischen Sammlung Hochhut präsentiert. Es gibt keine festen Öffnungszeiten, Besucher müssen sich telefonisch anmelden. Aber dann wird ihnen wirklich etwas geboten: Unter den Exponaten finden sich auf Hochglanz polierte alte Motorräder und noch fahrtüchtige Oldtimer. Für Bastler soll die kleine, aber feine Sammlung in Zukunft ein Paradies werden, in dem sie nach Herzenslust auch selber schrauben können.
„So viel Liebe zum Detail, und das bei einem Alltagsgegenstand!“ Jürgen Stahlhebers Blick ruht voller Bewunderung auf einer alten Singer-Nähmaschine mit breiten Fußbrett für den mechanischen Antrieb und feinziseliertem Jugendstil-Dekor auf dem schwarzglänzenden Gehäuse. Der Geschäftsführer der Fritz Hochhut GmbH, einem 100 Jahre alten Frankfurter Traditionsunternehmen, das Baumaschinen vertreibt, kann zu fast jedem Exponat der Technischen Sammlung Hochhut eine eigene Geschichte erzählen. Ein Motorrad, eine DKW RT 125, Baujahr 1956/57, hat Stahlheber sogar selbst restauriert. Zwei Jahre hat er dafür gebraucht, manchmal hat er die ganze Nacht in der Werkstatt zugebracht. Jetzt steht die Maschine, auf Hochglanz poliert und fahrbereit, mitten in der großen Halle, als warte sie darauf, dass jemand aufsteigt und mit ihr davonbraust.
Leidenschaftliche Sammler
Mit dem früheren Inhaber der Firma, dem 2001 verstorbenen Fritz Hochhut, der die Sammlung als Privatmann angelegt hatte, teilte Jürgen Stahlheber die Liebe für alte Motoren, Apparate und Maschinen. „Wenn der Chef und ich früher unterwegs waren und irgendwo einen Schrottplatz entdeckten, haben wir sofort angehalten und uns umgeschaut.“ In einer großen Garage horteten sie zunächst ihre Fundstücke. Doch für Hochhuts Sammelleidenschaft reichte dieses Domizil schon bald nicht mehr aus, schließlich gehörte irgendwann auch eine echte Dampfmaschine dazu, bis heute das gewaltigste Prunkstück der ganzen Sammlung, sowie etliche Oldtimer, ein alter Kranwagen und ein 4000 PS starker Bootsmotor.
Fahrzeugausstellung (c) Gregor Gerlach
Um diese Schätze zusammenzuhalten und um sie Interessierten zugänglich zu machen, wurde bereits zu Lebzeiten Hochhuts eine Stiftung für die Technische Sammlung gegründet. Bald fand man dafür in der ehemaligen Frankfurter Mercedes-Benz-Niederlassung an der Ecke Frankenallee/Hattersheimer Straße auch ideale Räumlichkeiten. Doch dann starb, einige Jahre nach Hochhut, dessen Werkstattmeister Michael Wolf, der die Seele der Sammlung gewesen war.
Nach Lust und Laune schrauben, sägen und reparieren
Nun haben sich Thomas Bernard, der Anwalt der Familie Hochhut, Jürgen Stahlheber und Tomica Maladenovic als amtierender Stiftungsvorstand mit neuem Schwung daran gemacht, den ins Stottern geratene Sache wieder anzuwerfen. Ein Museum schwebt ihnen dabei nicht vor, das wäre mit ihrem ehrenamtlichen Engagement auch gar nicht zu leisten. „Klein, aber fein“, soll die Sammlung eher im Verborgenen glänzen; Besucher müssen sich telefonisch anmelden. Doch dann sind sie willkommen und müssen dafür auch keinen Eintritt zahlen.
Wer ein altes Motorrad, Auto oder irgend eine andere antike technische Rarität besitzt, soll in Zukunft in den rekonstruierten historischen Werkstätten nach Lust und Laune schrauben, sägen, polstern, ölen, feilen und reparieren können. Sogar eine eigene Sattlerei, in der man die Lederpolster seines Oldtimers aufarbeiten kann, wird eingerichtet. Die Fachbibliothek lädt zum Stöbern und Schmökern ein und wird von einer Gruppe technikbegeisterter Rentner bereits intensiv genutzt. Schulklassen sind ebenfalls willkommen und können eine Führung buchen.
Bergmann 1898 (c) Gregor Gerlach
Musik in den Ohren jedes Nostalgikers
Gleich am Eingang ragt die gewaltige Dampfmaschine wie ein Koloss bis zur Decke auf. Damit sie mit ihrem Gewicht nicht einbricht, musste eigens der Boden unter ihr verstärkt werden. Dampf produziert sie nicht mehr, aber wenn man ein Geldstück einwirft, setzt sich das Schwungrad schnaufend und stampfend in Bewegung – Musik in den Ohren jedes Nostalgikers. Im Gegensatz zur Dampfmaschine sind fast alle Oldtimer noch fahrtüchtig, ja, man könnte einfach losfahren, da die meisten sogar für den Straßenverkehr zugelassen sind.
So wie auch das Automobil der Firma Bergmann Gaggenau von 1898, „das zweitälteste verkehrstaugliche Auto in ganz Deutschland“, wie Stahlheber nicht ohne Stolz erläutert. Bei einer Spritztour über die Frankenallee müsste man sich allerdings ein wenig umstellen. Denn statt eines Blinkers findet man bei vielen Oldtimern an der Außenseite eine Art Köcher, in dem eine Kelle mit rotem Kreis steckt, die nach links oder rechts aus dem Seitenfenster hinausgestreckt wird.
Citroen Torpedo (c) Gregor Gerlach
Das ist doch das Gleiche in Grün!
Besonders schön ist die Anekdote, die Stahlheber über den quietschgelben Citroen Tornado erzählen kann. „Wussten Sie, woher die Redewendung: 'Das ist doch das Gleiche in Grün!' stammt?“, fragt er mit verschmitztem Lächeln. „Aus einem ganz frühen Plagiatsprozess. Das nämlich soll der Richter damals ausgerufen haben, als er den berühmten Opel Laubfrosch mit dem älteren Modell Citroen Torpedo verglich – und die verräterische Ähnlichkeit zwischen beiden entdeckte.“
Mehr Informationen: www.technische-sammlung-hochhut.de
Quelle Text: Frankfurt am Main (pia), Barbara Goldberg