Im Gruberhof: Einladung in den Salon einer bürgerlichen Familie (c) HESSENMAGAZIN.de
[Groß-Umstadt] Zu einer Zeitreise in die Welt unserer Großeltern bzw. Urgroßeltern von vor rund 100 Jahren lädt der Gruberhof in Groß-Umstadt an jedem Sonntag ein. Seit 1987 fungiert die alte Hofreite als Museum und zugleich offenes Kulturzentrum mit sonnigem Biergarten. Bei freiem Eintritt und einem interessanten Veranstaltungsprogramm begeistert jeden Besucher nicht nur die sehr umfangreiche und anschaulich zusammengestellte Ausstattung des Museums.
Arbeitszimmer vor 100 Jahren auf dem Gruberhof (c) HESSENMAGAZIN.de
Vom Museums- und Geschichtsverein freundlich und gastlich geführt, geht es auf dem Hof, der seit Ende der 1980er Jahren der Stadt gehört, zwanglos zu. Im umfunktionierten "Kuhstall" stehen für Kaffeetrinker, abendliche Vorträge oder Handarbeitstreffen (an jedem ersten Sonntag im Monat) rund 60 Plätze zur Verfügung.
Gemütliches Schlafen auf dem Gruberhof: Omazimmer mit Nachttopf unter dem Bett (c) HESSENMAGAZIN.de
Brauchtum heißt hier Kochen, Essen, Hauswirtschaften und Gärtnern wie damals zeigen - alles noch in Handarbeit. In der Scheune auf dem Hof werden dann im alten Steinofen Streuselkuchen und frisches Brot gebacken. Und an den Handwerkertagen wird demonstriert, wie früher gearbeitet und produziert wurde. Den Kindern der Besucher werden dabei interessante Mitmachaktionen geboten.
Bürgerliche Küche um 1900 bis 1955 (c) HESSENMAGAZIN.de
Immer wieder fragt der Gruberhof nach Kochrezepten von "anno dunnemals" - zum Aufheben oder Nachkochen. Egal, es soll eine "Sammlung für Genießer" werden. Und vielleicht wird unsere Leibspeise ja einmal bei einem Fest in Groß-Umstadt heiß serviert..?
Wasserstein in der Küche Wohnhauses: Hauswirtschaften war früher reine Frauensache (c) HESSENMAGAZIN.de
Die Geschichte des Weins der "Odenwälder Weininsel" Groß-Umstadt lebt an den Museumstagen wieder auf. Im historischen Weinkeller des Gruberhofes werden zu bestimmten Zeiten Weinraritäten verkostet und manchmal auch römische oder mittelalterliche Getränke ausgeschenkt.
Kaufmannsladen wie damals: Unter dem Scheunendach des Gruberhofes wieder aufgebaut (c) HESSENMAGAZIN.de
Überhaupt ist es faszinierend, wie das geschichtliche und kulturelle Erbe der Stadt auf dem Gruberhof bewahrt bleibt. Ob örtliche Molkerei oder Kaufmannsladen von Georg Brenner oder Funde aus der Zeit der Römer, so vieles wird spannend und möglichst authentisch präsentiert.
Schuhe, Fass und Stiefelknecht: Sieht nach eben begonnenem Feierabend aus (c) HESSENMAGAZIN.de
Bei einem Gang durch die Räume des großen Wohnhauses beschleicht den Besucher das Gefühl, die Bewohner kämen jeden Moment zurück. Der gedeckte Tisch, die Nähsachen noch ausgebreitet, am Klavier sind die Noten aufgeschlagen. Fast ist man froh, dass der Nachttopf unter dem Bett geleert zu sein scheint.
Heimelig: Die Wohnstube des Gesindes (c) HESSENMAGAZIN.de
Im Obergeschoss des Nebengebäudes, befindet sich eine Gesindewohnung. In der Küche dort steht alles auf dem Tisch, als wären alle gerade mal eben hinausgegangen. Auf Großvaters Sessel in der Ecke liegt noch die etwas zerknautschte Decke, auf der er bis eben noch gesessen zu haben scheint.
Auch ohne Baumarktkenntnisse gut zu erkennen: Im Vordergrund ein zünftiger Werkzeugwagen aus Holz (c) HESSENMAGAZIN.de
In zwei Scheunen, dem ehemaligen Pferdestall und auf dem Dachboden staunen Besucher über Gerätschaften, die meistens nur noch vom Hörensagen oder aus alten Büchern bekannt sind. Der Stiefelknecht, ein hölzernes Brettchen mit Klemmfunktion für einen Schuh, der vom Fuß gezogen werden soll, ist eins der Beispiele. Oben im Rauchfang, im Kamin, hängt ein Schinken - in diesem Fall allerdings ein Dekorationsobjekt aus Plastik.
Stangeneis für so einen Eisschrank war in Groß-Umstadt gut zu bekommen. Es gab früher dort mehrere Brauereien (c) HESSENMAGAZIN.de
Wer interessiert ist an Genauerem, lässt sich von Mitgliedern des Museumsvereins über den Hof führen. Sicher erfährt er dann, warum man früher in einer "Wohnstube" zusammensaß und manche Großbürger das Arbeitszimmer "Herrenzimmer" nannten. Auch den Entstehungsgrund eines "Eis"- und nicht nur Kühlschrankes wird man erfahren. Und wie es kam, dass der "Wasserstein" von damals sich im Laufe der Jahrzehnte zum "Spülbecken" der heutigen Küchen wandelte, wird uns dann sicher klarer.
Öffnungszeiten und Näheres: Im Aushang an der Mauer auch von außen gut lesbar (c) HESSENMAGAZIN.de
Zur Geschichte des Gruberhofes liest man einiges an den Wänden oder im kleinen Museumsführer, der im "Kuhstall" verkauft wird. Von seiner einstigen Zweckbestimmung als Abdeckerei und Wohnsitz des Scharfrichters von Umstadt ahnt man Gott sei Dank auf der Hofreite wenig, u. a. wohl auch weil bis Mitte der 1970er Jahre auf dem Gruberhof am Ende eine Schäferfamilie lebte.
Weitere Informationen: www.gruberhof-museum.de
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