[Frankfurt am Main] Frankfurt ist eine erstaunlich grüne Stadt – das verdankt sie u. a. dem GrünGürtel, der die Stadt fast vollständig umschließt. Diese biologische Oase zieht sich entlang des Flüsschens Nidda, vorbei an der Schwanheimer Düne und durch den Stadtwald hindurch. Das Frankfurter Nationalgetränk Äppler gäbe es nicht ohne ihn, die Nationalsoße, die Grie Soß’, ebenfalls nicht. Und auch der bekannte traditionelle Feiertag Frankfurts, der Wäldchestag, müsste ohne den Frankfurter GrünGürtel flachfallen.
In dem 8.000 Hektar großen Landschaftsschutzgebiet rund um die Mainmetropole liegen Streuobstwiesen mit Apfelbäumen für den Äbbelwoi, zahlreiche Kräuterfelder mit den sieben Kräutern, die es für Grüne Soße braucht. Und dort steht auch das Oberforsthaus, an dem der Wäldchestag alljährlich stattfindet und an dessen nachfolgendem Dienstag viele einheimische Ladenbesitzer die Türen dicht machen, um mit ihrem Personal mitzufeiern.
UN-Projekt für nachhaltige Stadtentwicklung
Der etwa ein Drittel des Frankfurter Stadtgebiets einnehmende GrünGürtel ist weltweit einer der größten zusammenhängenden innerstädtischen Grünräume, ist das frankfurter Umweltamt überzeugt. Zwanzig Jahre wird der GrünGürtel 2011 alt, längst ist er gesetzlich geschützt. Auch das 2002 von Robert Gernhardt kreierte GrünGürtel-Tier, das er in einem Gedicht als "Kreuzungsergebnis aus Wuz, Molch und Star" vorgestellt hat und das auf der Robert-Gernhardt-Brücke über die Nidda am alten Flugplatz Bonames thront, gehört selbstverständlich dazu.
Das etwa 10.000 Fußballplätze große Gebiet mit Auen, Wäldern und Hügeln, Streuobstwiesen, Dünen und Bachläufen, Äckern, Parks und Gärten ist Holzlieferant, Lebensraum, Wasserspender, Klimaanlage, Naherholungsgebiet und Landschaftsschutzgebiet. Hier grillen ausländische Familien in den Parks, dort sitzen ältere Damen unter Obstbäumen und spielen Karten, da radeln Familien auf den rund 75 Kilometer langen Fahrradrundwegen. Und Kulturinteressierte lassen sich auf dem 62 Kilometer langen Rundwanderweg von Werken von Künstlern der Neuen Frankfurter Schule erheitern. Alle anderen, wie z. B. Stadtneurotiker, für die Schrebergärten „No-Go-Areas“ sind, können hier zum Ausgleich Obstwiesen pflegen.
Tierliebhaber finden in der "grünen Lunge" der Stadt eine unglaubliche Artenvielfalt
Seit 2010 wurde der Weißstorch im GrünGürtel wieder gesichtet, die Wechselkröten kehren langsam wieder zurück. Sogar der große Heldbockkäfer, der mehr als fünfhundert Jahre alte Eichen braucht, findet im Frankfurter Grüngürtel mit seinem über tausend Jahre alten Stadtwald ein Zuhause. Kein Wunder also, dass der Grüngürtel von der UN sogar als Vorzeigeprojekt nachhaltiger Stadtentwicklung ausgezeichnet wurde. Seit 1995 ist der gesamte Grüngürtel zusätzlich nach Hessischem Naturschutzrecht ein Landschaftsschutzgebiet.
Der Frankfurter Grüngürtel ist notwendiger Bestandteil einer nachhaltigen Stadtentwicklung, die im Zeichen des Klimawandels natürliche Freiräume sehr viel mehr beachten muss. Wegen der globalen Erwärmung könnte er in „Mainhattan“ als grüne Lunge für die Stadt bedeutsam werden. Längst gibt es Pläne, um die Orte auszumachen, die sich besonders eignen, um von ihnen aus über Grünflächen, Radwege oder Alleen frische Luft in die Stadt zu bringen und miteinander zu verbinden.
Wildnis in Zentrumsnähe
Von praktisch jeder Stelle Frankfurts aus kann eine der grünen Besonderheiten mit dem Fahrrad erobert werden: Die Niddawiesen, der Lohrberg, der Stadtwald oder der Alte Flugplatz. Allerdings hat so eine Stadtnähe auch Nachteile. Der GrünGürtel wird von Straßen und Schienen zerschnitten, Flugzeuge und Straßenverkehr sorgen für eine nicht unerhebliche Geräuschkulisse. Die Natur in der Stadt "in Ruhe" zu lassen und ihr mehr Raum zu geben - und die Frankfurter trotzdem daran teilhaben zu lassen - ist ein Projekt des Umweltamts. Das Motto lautet hierbei: "Wildnis wagen". Am alten amerikanischen Militärflugplatz ist das Experiment bereits so weit fortgeschritten, dass sich die Natur ganz von selbst wieder eine ehemals versiegelte Fläche zurückgeholt hat. Demnächst sollen zwei anderen Landschaften des GrünGürtels "Wildnis" erhalten, eine im Wald, eine andere in verwilderten Obstwiesen.
Quelle Text: Frankfurt / Astrid Biesemeier