[Hessen] In den letzten Jahren ist die Nachfrage nach barrierefreien Urlaubsangeboten kontinuierlich gestiegen und durch den demografischen Wandel wird diesem Marktsegment ein großes Zukunftspotenzial bescheinigt. Auch in Hessen reagieren die Anbieter auf diese Entwicklung und bieten vermehrt Angebote für behinderte beziehungsweise mobilitätseingeschränkte Menschen an.
Frankfurt am Main barrierefrei: Stadtrundgänge, Kunst und Kultur
Frankfurt am Main ist einer der Pioniere im Thema Barrierefreiheit. Alle öffentlichen Rundgänge können auf Wunsch stufenlos geführt und Gebärdensprachdolmetscher hinzugebucht werden. Bei der Stadtführung „Frankfurt begreifen“ geht die Mainmetropole zum Beispiel mit vielen Tastobjekten, Verkostungen und Anekdoten besonders auf die Bedürfnisse von Blinden und Sehbehinderten ein.
Seit Mai 2013 steht blinden und sehbehinderten Besuchern außerdem ein taktiler Lageplan zur Verfügung, der eine attraktive Übersicht über die Frankfurter Innenstadt bietet. Der Plan befindet sich an der Tourist Information am Römerberg. Darüber hinaus hat die Stadt eine Broschüre aufgelegt: In „Frankfurt am Main barrierefrei“ erhalten Menschen mit Behinderung Informationen zur Reiseplanung sowie zu barrierefreien Sehenswürdigkeiten, Museen, Theater, Shoppingmöglichkeiten und Restaurants. Darüber hinaus enthält die Broschüre Informationen zu Türbreiten, stufenlosen Zugängen oder Behindertentoiletten.
Barrierefrei durch die Baumwipfel: TreeTopWalk – der Baumkronenweg am Edersee
Im Nationalpark Kellerwald-Edersee können alle Gäste in Höhe der Baumwipfel über dem Edersee schweben. Auf dem 250 Meter langen Baumkronenweg Edersee in der GrimmHeimat NordHessen erleben Besucher eindrucksvoll den Facettenreichtum des Waldes. Das Besondere: Der TreeTopWalk ist auch für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen ausgelegt – Rollstuhlfahrer, Senioren und körperlich eingeschränkte Personen sowie Eltern mit Kinderwagen können den Pfad durch die Baumkronen ohne Hindernisse bequem und gefahrlos benutzen. In den Wintermonaten ist der Baumkronenweg an Wochenenden von 11 bis 16 Uhr geöffnet.
„Joëlette“ macht es möglich: Mit dem Rollstuhl durch den Habichtswald
In der GrimmHeimat NordHessen können Menschen mit Gehbehinderung bei einer Wandertour durch den Naturpark Habichtswald die Natur erleben. Möglich macht das die Joëlette – eine französische Konstruktion, mit der Menschen mit Mobilitätseinschränkungen in einer Art geländegängigem Rollstuhl über nicht befestigte und unebene Wege gefahren werden können. Im Moment stehen für eine Tour mit der Joëlette drei Strecken zwischen zwei und fünf Kilometern Länge rund um den Dörnberg zur Verfügung. Weitere Wegstrecken sind in Vorbereitung. Der Geländerollstuhl kann im Naturparkzentrum ausgeliehen werden. Gehbehinderte können dann – gemeinsam mit ihren Begleitern – den Naturpark ungehindert erkunden. Für eine halbtägige Tour wird ein Unkostenbeitrag von fünf Euro, für eine ganztägige Ausleihe von zehn Euro erhoben.
Führungen für Blinde und Rollstuhlfahrer im Römerkastell Saalburg im Taunus
Auf geführten Touren durch das Römerkastell Saalburg im Taunus lernen Blinde und Rollstuhlfahrer, abgestimmt auf ihre individuellen Bedürfnisse, die Geschichte der Grenzbefestigungsanlage und den Alltag im Römischen Reich kennen. Bei der Führung haben die Teilnehmer die Möglichkeit, Originalfunde und Repliken sowie maßstabsgetreue Pläne zu ertasten, um so die Führung besser nachzuvollziehen. Der Rundgang für Blinde und Sehbehinderte über das Gelände und durch das Kastellgebäude dauert rund zwei Stunden.
Die Gruppengröße beschränkt sich auf zehn blinde Teilnehmer und ihre Begleitpersonen. Die Rollstuhlführungen dauern rund eine Stunde, maximal 15 Rollstuhlfahrer können teilnehmen. Beide Touren sind in mehreren Sprachen möglich und kosten 40 Euro pro Gruppe zuzüglich 3,50 Euro ermäßigtem Eintritt pro Person. Dabei haben die Begleitpersonen freien Eintritt.
Stehen bleiben, wo etwas zu hören ist: Stadtführungen für Blinde in Marburg
Die mittelhessische Universitätsstadt Marburg bietet Stadtführungen für blinde und sehbehinderte Menschen unter dem Motto „Marburg aus einer anderen Sicht“ an. Bei den geführten Touren stehen Fühlen, Hören und Tasten im Vordergrund. Den Teilnehmern wird so die Topographie über das Lahntal, die Oberstadt und den Schlossberg vermittelt. Auf dem Weg zur Oberstadt werden sie mitten auf dem oberen Steinweg hochgehen und mit den Füßen spüren, dass er seinen Namen zu Recht trägt. Und die Ausmaße der Elisabethkirche, deren Baustil und Baugeschichte, erfahren die Teilnehmer durch Erklärungen, Umrunden, Betasten sowie Anfassen.
Auszeit in Willingen – Gesunder Urlaub für pflegende Angehörige
Mehr als zwei Millionen Menschen in Deutschland sind pflegebedürftig und die meisten von ihnen werden zu Hause betreut. Das ist nicht nur eine sehr Kräfte zehrende, sondern in der Regel auch eine psychisch extrem belastende Aufgabe für die Pflegepersonen. Um den pflegenden Angehörigen eine Auszeit zu ermöglichen, hat das PflegeHotel Willingen im nordhessischen Willingen ein besonderes Projekt entwickelt: Bei dem „gesunden Urlaub für pflegende Angehörige“ können diese einen entspannten Urlaub genießen und wissen dabei die Pflegebedürftigen in guten Händen.
Willingen möchte mit diesem Angebot seine Position im Gesundheitstourismus langfristig stärken und neue Gästegruppen ansprechen. Neben den speziellen Präventionsprogrammen für die pflegenden Angehörigen wird dabei auch für die Unterbringung und Betreuung der Pflegebedürftigen gesorgt. Das Angebot wurde 2013 mit dem Hessischen Tourismuspreis als herausragende Projektidee ausgezeichnet.
Hotel im Kornspeicher: integrativ, barrierefrei und ökologisch
Das Hotel im Kornspeicher in Marburg, dessen Träger die Sozialhilfe Marburg ist, versteht sich als integratives Hotel, die Teilhabe von Menschen mit Behinderung am gesellschaftlichen Leben liegt den Verantwortlichen am Herzen und sie zeigen auf, was darunter zu verstehen ist: So ist das ganze Hotel samt Außenbereich barrierefrei. Ein Leitsystem im Hotel und Leitmarkierungen im Außenbereich ermöglichen blinden und sehbehinderten Menschen die Orientierung. Menschen mit Pflegebedarf finden die für sie notwendige Ausstattung vor. Die Stockwerkanzeige vor dem Aufzug ist in Braille- und Pyramidenschrift gekennzeichnet, ebenso die Handlaufinformationen im Treppenhaus und die Beschilderung sämtlicher Räume und Türen.
Auch die Tastatur im Aufzug ist in Brailleschrift lesbar und verfügt außerdem über eine Sprachansage. Der Gebäudegrundriss ist an der Rezeption taktil erfassbar und in den Fluren geben LED-Leuchten Sehbehinderten ein optisches Orientierungssystem. Darüber hinaus sind in den Fluren keine Möbel zu finden – das ermöglicht eine barrierefreie Fortbewegung vom Frühstücksraum, über die Lounge hin zu den Tagungsräumen und den Zimmern.
Quelle und mehr: www.hessen-tourismus.de