[Schlüchtern-Ramholz / Spessart - Anfang September 2014] Es heißt, der ehemalige so-called Adelssitz sei von "internationalen Unternehmern" aus Übersee gekauft worden. Der Hanauer Anzeiger berichtet von der Komplettveräußerung samt Gutshof und Orangerie. Die Makler gäben als Kaufpreis "unterhalb eines zweistelligen Millionenbereiches" an. Der Noch-Schlossherr und Verkäufer Maximilian von Kühlmann-Stumm schweige ausgiebig zum Deal, der erst im Januar 2015 rechtskräftig werden soll. Und das, nachdem er den geerbten Besitz seit acht Jahren bereits versuchte, zu Geld zu machen.
Ein Versteigerung von Schlosscafé und Gutshof soll zwei Tage zuvor gerade eben noch abgesagt worden sein.
Geschichte von Schloss Ramholz: Ein Spaziergang im Oktober 2011 rund um den wahr gemachten Traum eines Industriellen
Hugo Stumm aus dem Saarland, der von 1845 bis 1910 sein Leben genoß, besaß Geld genug, um sich den Traum von einer eigenen feudalen Residenz zu erfüllen. Der Industriellensohn, dessen Großvater schon mit Eisenhütten im Saarrevier reich geworden war, kaufte im Jahr 1883 dem Fürsten zu Ysenburg-Büdingen ein uraltes Huttenschlösschen aus dem 16. Jahrhundert ab. Nicht weit von Schlüchtern entfernt im Bergwinkel gehörten damit zu seiner privaten Liegenschaft neben der Ruine Steckelburg auf einer nahen Anhöhe auch 80 Hektar Wald sowie ein Steinbruch.
Schloss Ramholz - Nordseite (c) HESSENMAGAZIN.de
Im Wettbewerb mit seinen Brüdern erbaute er mit seinen Architekten aus München neben dem alten gotischen Schlösschen ein neues eindrucksvolles Gebäude im damals sehr beliebten Historismusstil. Architektonisch grandios überladen mit allen möglichen Epochenmerkmalen weist es den typischen Gestaltungsmix jener Zeit an der reich gegliederten Fassade auf. Den engeren Bereich um das Schoss bilden Rasenflächen, Kübelpflanzen und Skulpturen neben der so genannten "Schlossfreiheit" - eine Art Vorhof und Zufahrt - und einer großzügigen Terrasse in Richtung Süden. Der weiter entfernte Park im Stil eines englischen Landschaftsgarten öffnet sich gestalterisch hin zur Natur, bis er wie von selbst in den Wald übergeht.
Schloss Ramholz - Privater Garten (c) HESSENMAGAZIN.de
Im Jahr 1888 wurden die Brüder Stumm durch Kaiser Friedrich III. in den Adelsstand erhoben. Fortan durften sie den Titel Freiherr bzw. Baron tragen. Hugo von Stumm sah es nun erst recht als Aufgabe, mit der Ausgestaltung seines Besitzes das Erbe des großen Humanisten und Reichsritters Ulrich von Hutten zu wahren, der einst auf der Steckelburg nahe Schlüchtern geboren worden war.
Sphinx - Schmuckfigur an der Eingangsallee zur Orangerie (c) HESSENMAGAZIN.de
Bei einer Führung durch den Landschaftspark erfährt man, dass dieser erhabene Gedanke erst starb, als bei den von Stumms durch Umbrüche in Deutschland die Finanzen knapper wurden. Bis dahin hatte Hugo jedoch schon eine Jugendstilgruft für seine Familie und Verwandte, plus einen Rosengarten mit Grotte und einen Tierfriedhof anlegen lassen. An zwei kleinen Seen zum Fischen, im Winter als Eisteich und im Sommer zum Baden, stand ein Försterhaus mit Kegelbahn. Gäste und Besucher liebten das Teehaus wie auch den Pavillon mit freiem Blick in ein romantisch gestaltetes Wiesental. Auf einer Kastanien- und einer Lindenallee wandelte man trockenen Fußes über mit Drainagen angelegte Wege - vorbei an Wasserläufen und begehbaren Miniatursteinbrüchen.
Links: Schloss Ramholz Südseite - Rechts: Hofecke im Gutshof Ramholz (c) HESSENMAGAZIN.de
Hugo von Stumm starb an den Folgen eines Reitunfalls. Seine Witwe Ludovica und die Erben realisierten anschließend noch einige Pläne und führten die Gärtnerei mit Gemüseanbau und Obstgarten bis in die 1970er sowie den Gutsbetrieb bis in 1980er Jahre weiter. Manch ein Handwerker aus der Region erhielt Aufträge für schmiedeeiserne Gitter und erhaltende Reparaturen. Einmal im Jahr am Karfreitag wurde der Park der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Und eine der Erbinnen veranstaltete Konzerte, die Ramholz überregional bekannt machten. Etwa im Jahr 2000 veräußerte Magnus, ein Urenkel, die obere Hälfte des Parks samt Steckelburg, See und Försterhaus.
Blick in den Gutshof des Ramholzer Schlosses: Im Hintergrund das alte Huttenschlösschen (c) HESSENMAGAZIN.de
So befinden sich Schloss Ramholz und der dazu gehörige stillgelegte Gutshof zwar noch im Besitz des Erben Maximilian von Kühlmann-Stumm. Die Ruine Steckelburg jedoch und der obere Park inklusive aller Gebäude gehören dem Forstwirtschaftsbetrieb Raupach. Weiterhin interessiert sich ein Förderkreis seit Jahren für den Schlosspark Ramholz, der um Maßnahmen bemüht ist zur dringend nötigen Parksanierung. Bereits 2004 wurde durch das Landesamt für Denkmalpflege Hessen der gesamte Schlosspark als Kulturdenkmal ausgewiesen. Seither steht er unter Denkmalschutz. Anhand eines "Parkpflegewerkes" möchte man das Terrain mit allen wichtigen Elemente darin erhalten.
In der Ramholzer Kirche - vorne stehend: Naturparkführerin Inge Saß (c) HESSENMAGAZIN.de
Wer sich das Ganze einmal anschauen möchte, kann dort jederzeit einen Spaziergang unternehmen oder an einer Führung teilnehmen. Das Gelände ist bis auf den schlossnahen Bereich öffentlich zugänglich - auch das Gut, in dessen Hof hin und wieder Open-Air-Konzerte stattfinden. In der evangelischen, ehemaligen Patronatskirche nebenan mit der wunderschön restaurierten 500 Jahre alten Orgel aus einem Jesuitenkloster in Fulda kann man ebenfalls Konzerten lauschen - allerdings einer etwas anderen Art :-)
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