Für mehr Artenschutz auf dem Friedhof
[Hessen] Anlässlich des diesjährigen Tages des Friedhofs am 18. und 19.09.2020 unter dem Motto „Natürlich erinnern“ ruft der NABU Hessen dazu auf, die Artenvielfalt auf Friedhöfen zu bewahren. „Friedhöfe sind Refugien für bedrängte Stadtnatur. Sie leisten so einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt und bieten uns Menschen gleichzeitig einen Ort der Andacht und Erholung“ sagt Gerhard Eppler, Landesvorsitzender des NABU Hessen. Wie artenreich Friedhöfe sein können, zeigen gerade historische Anlagen. In den jahrhundertelang gewachsenen Biotopen finden zahlreiche Vogel- und Insektenarten, Igel, Eichhörnchen, Bilche und Fledermäuse, aber auch Eidechsen einen sicheren Rückzugsort.
Leider zeigt sich aber gerade in neueren Anlagen, ähnlich wie bei den Vorgärten, immer mehr ein Trend zu naturfernen Gestaltungen mit Schotter. Vielen Menschen fehlt heute die Zeit für eine aufwändige Grabpflege, oder die Angehörigen wohnen schlichtweg nicht mehr im gleichen Ort und können sich nicht regelmäßig um die Gräber ihrer Lieben kümmern. Da klingt das Versprechen eines pflegeleichten, aber immer ordentlichen Grabes, dass zudem nicht gegossen werden muss, natürlich verlockend.
Allerdings bleibt dabei die Natur leider auf der Strecke. „Gräber mit Schotterflächen sind aus Sicht des Naturschutzes äußerst bedenklich“, gibt der Biologe Eppler zu bedenken. „Anders als in echten Steingärten, die, wenn sie fachgerecht angelegt werden, vielen Insekten Nahrung bieten, finden sich auf den mit Schotter gestalteten Gräbern kaum noch Pflanzen. Diese Flächen bieten daher keine Lebensräume und Nahrung für Insekten oder Vögel. Wenn es überhaupt Pflanzen gibt, dann sind das meist keine heimischen Arten.“
Pollen, Nektar oder Samen, welche von Vögeln oder Insekten als Nahrung genutzt werden könnten, haben diese Pflanzen nicht. Die Böden sind zudem meist versiegelt, hier finden Amseln und Co. nicht einen einzigen Regenwurm.
Auch für Menschen ist der viele Schotter auf dem Friedhof nicht gut. Die Steine heizen sich stark auf und fördern so die Erwärmung der Stadt. Allergene, Pollen und Schadstoffe aus der Luft werden nicht, wie bei begrünten Gräbern, durch das Laub gefiltert. Auch pflegeleichter sind die Gräber so nicht wirklich, da die Steine mit den Jahren Moos und Algen ansetzen. Zwischen den Steinchen sammeln sich Laub und Staub. Der Schotter muss dann aufwendig gereinigt oder sogar ausgetauscht werden. Die grünen Oasen der Friedhöfe mit ihrer einzigartigen ruhigen und besinnlichen Atmosphäre drohen zu Steinwüsten zu werden.
Mancherorts haben die Friedhofsämter schon Gegenmaßnahmen ergriffen und den Schotter von ihren Flächen verbannt. Immer häufiger fördern die Ämter die Artenvielfalt auf ihrem Friedhof sogar aktiv, indem zum Beispiel seltener gemäht wird, Blühwiesen statt Rasen angelegt werden, Laub- und Totholzhaufen geduldet, mehr Natur in wilden Ecken zugelassen und Gehölzschnitte nur außerhalb der Brutzeit durchgeführt werden. Ferner bieten viele Friedhöfe inzwischen Nistmöglichkeiten für Vögel und Insekten an.
„Mit diesen Maßnahmen ist der Artenvielfalt schon viel geholfen. Aber auch jede*r von uns kann bei der Grabgestaltung durch eine naturnahe Bepflanzung selbst noch etwas für die Tier- und Pflanzenwelt tun. Verwenden Sie heimische Pflanzen und achten Sie auf ungefüllte Blüten, um Insekten Futter zu bieten“, rät Gerhard Eppler. Mit der richtigen Gestaltung, machen naturnah gestaltete Gräber kaum Arbeit. So unterdrücken Pflanzen, die den Boden bedecken und langsam wachsen, unerwünschte Wildkräuter und brauchen selbst kaum Pflege.
Für trockene, sonnige Standorte eignen sich beispielsweise Polsterdost, Storchschnabel oder blaues Silbergras. Im Schatten gedeihen Haselwurz und Waldmeister als Bodendecker mit einem Fingerhut als Hingucker. Auch die Akelei fühlt sich im Schatten wohl. Mit dem Willen zu mehr Natur auf dem Friedhof, haben zahlreiche selten gewordenen Arten wieder echte Perspektiven im Siedlungsraum.
Mehr Infos zum Tag des Friedhofs: www.bund-deutscher-friedhofsgaertner.de/tag-des-friedhofs/aktuelles-motto/
Beispiele pflegeleichter Alternativen zum Schotter: HIER <-KLICK
Quelle Text: NABU Landesverband Hessen e.V.