Der NABU Hessen erklärt, warum zurzeit so wenige Vögel gesehen werden
[Hessen] Nach der turbulenten Zeit der Jungenaufzucht ist jetzt im Spätsommer in der Natur Ruhe eingekehrt. Doch viele GartenbesitzerInnen sind dadurch verunsichert. Das morgendliche Konzert der Vögel ist verstummt und viele Menschen fragen sich, was aus ihren Gartenvögeln geworden sein könnte. Beim NABU häufen sich die Anrufe besorgter VogelfreundInnen. Dabei gibt es für dieses Phänomen eine einfache Erklärung.
„Der Gesang der Vögel hat zwei Funktionen: einen Partner anzulocken und das Brutrevier zu markieren“ erklärt Gerhard Eppler, Vorsitzender der NABU Hessen. Entsprechend haben die Vögel außerhalb der Brutzeit keine Notwendigkeit zu singen. Denn sobald die Jungen bei den meisten Arten ab Mitte Juli das Nest verlassen, müssen die Eltern ihr Territorium nicht weiter verteidigen und haben "frei". Jetzt noch vehement das Revier mit Gesang zu verteidigen, würde bloß unnötig Fressfeinde aufmerksam machen. Es besteht also kein Grund zur Sorge – diese Änderung im Verhalten ist normal.
Doch unsere Gartenvögel haben noch einen weiteren Grund, sich derzeit rar zu machen: Nachdem die Jungenaufzucht beendet ist, beginnt bei den meisten Arten die Mauser. Der Austausch sämtlicher Federn benötigt mehrere Wochen. Während dieser Zeit sehen die Vögel zerzaust aus und können schlechter fliegen, da auch die Flügelfedern erneuert werden.
Deswegen verbergen sie sich so gut wie nur möglich. „Dabei entsteht leicht der Eindruck, die Vögel seien einfach verschwunden“ so Biologe Eppler. Wer seinen Garten vogelfreundlich gestaltet, bietet den gefiederten Nachbarn also nicht bloß natürliche Futterquellen, sondern auch die nötigen Rückzugsräume für diese sensible Zeit.
Auch das veränderte Nahrungsangebot im Spätsommer trägt dazu bei, dass die gewohnten Gartenbesucher scheinbar verschwinden. Denn jetzt gibt es reichlich reife Früchte und Samen. Genau das Richtige, um sich für den Winter oder den Zug Richtung Süden ein bisschen Reserven anzufuttern.
„Viele Vögel verlassen daher ihr Nistgebiet und ziehen dorthin, wo sie die besten Futterquellen vorfinden“ berichtet Eppler. Amseln und Singdrosseln suchen dann gerne die Stellen mit einem reichen Angebot an Früchten oder Beeren auf. In landwirtschaftlich geprägten Gebieten fliegen Spatzen und andere Finken zum Festschmaus hinaus auf die Felder, wenn es dort vor der Ernte einen Überfluss an Getreide und nach der Ernte leckere Reste gibt.
Auch die Meisen verlassen ihre Reviere, wenn die Jungen flügge sind. Sie ziehen im Spätsommer im lockeren Familienverband außerhalb ihrer Brutreviere umher. Kein Wunder also, dass viele Gärten auf einmal wie leergefegt wirken. Selbst in Städten werden Spatzen und Finken von jedem Stücken Natur geradezu magisch angezogen, wenn sie dort eine größere Menge an Grassamen erwartet. Erst mit den Herbstfrösten kehren die Vögel wieder in größeren Zahlen in unsere Gärten zurück.
Die NABU-Vogelwelt-App: www.NABU.de/vogelwelt
Tipps für einen vogelfreundlichen Garten: www.nabu.de/vogelgarten
Quelle Text: NABU Hessen