Lustschlösschen im Winterschlaf (c) Brigitta Möllermann
[Hanau] Auf dem Gelände eines Steinbruchs in der Nähe von Hanau wurde vor mehr als 200 Jahren ein unvergleichliches Vorzeigeprojekt aus dem Boden gestampft. Im Wachenbuchener Wald baute der junge Regent der Grafschaft Hanau, Erbprinz Wilhelm, rund um einen 1709 entdeckten "guten Brunnen" ein mondänes Kurbad. Das Schlösschen, sein erstaunlicher, im Sommer benutzbarer Staffagebau* im Park, gönnte er sich ganz persönlich dazu ab dem Jahr 1781. Fernab des Hofgeschehens verbrachte er dort viele Tage mit seiner Mätresse, umgeben von seinem "geliebten Wald".
Eine Miniaturpyramide im Gedenken an einen kleinen Prinzen (c) Brigitta Möllermann
In dieser Pyramide auf einer winzigen Insel im Park des damaligen Kurortes soll in einer Urne 1784 das Herz seines gestorbenen Sohnes Friedrich beigesetzt worden sein: Nah der Natur - ganz im Geist der Aufklärung und im Sinne der Romantik. Ein wenig schauerlich wirkt die Szenerie mit den Pappeln und der "entfernten" Insel immer noch. Sie soll feierliche Ruhe verbreiten, so dass jeder Vorbeikommende der Vergänglichkeit des Lebens gewahr werden kann.
An Kargheit kaum zu übertreffen: Die Einsiedlergrotte (c) Brigitta Möllermann
Cancrin, Wilhelms Hofarchitekt, schuf in jenen Jahren ganz bewusst mehrere unterschiedliche Bereiche im Park - zusätzlich zu den heiteren solche mit einer besonders geheimnisvollen Atmosphäre. Wer den lebensgroßen Holzmönch heute in seiner feuchtkalten Eremitage im hinteren Park erblickt, spürt wahrscheinlich, dem damaligen Zeitgeist entsprechend, sein "sentimentales Gewissen".
Die Promenade, der historische Fahrweg vor den Gebäuden des Wilhelmsbader Kurbades, wird bei Festen jetzt gern genutzt (c) Brigitta Möllermann
Immer wieder verlockt bis in unsere Tage Wilhelmsbad zu jeder Jahreszeit die Bevölkerung aus der Umgebung zu Spaziergängen. Vielleicht weht dort ein Hauch Magie aus der Geschichte herüber und verzaubert die heutigen Besucher, ohne dass sich sich dessen bewusst werden. Auf gewundenen Wegen flanieren sie wie früher durch einen kunstvoll angelegten Park, der ohne exotische Pflanzen auskommt.
Kleiner Turmbau, der als Burg-Küche diente - aus groben Steinmauern mittelalterlich angelegt (c) Brigitta Möllermann
Verliebte Paare sind dort besonders gerne alleine, das ältere Ehepaar traut sich durch den „dunklen Wald“, und ein Vater bringt seinem Kind Rad fahren bei, oder Oma und Enkel vergnügen sich fröhlich miteinander auf den Schaukeln. Sie alle genießen die kunstvoll angelegte, friedvolle Atmosphäre dieses Fürstengartens.
Wilhelmsbad ist ein Paket wechselnder "Landschaftsbilder": Schnurgerades und Geometrisches im Park war verpönt (c) Brigitta Möllermann
Wilhelmsbad hat die Zeit überdauert – allerdings nicht als Kurbad und nicht ganz schadlos. Seit 1948 ist Hessens Staatliche Schlössser- und Gärten-Verwaltung bemüht, die 28 Hektar große Gesamtanlage instand zu halten. Sie erstellt Pläne, mittels derer aus historischen Quellen der Zustand bis um die Jahrhundertwende 1900 nach und nach rekonstruiert wird. In der Zwischenzeit ist der Park öffentlich und in der Regel eintrittsfrei zu besuchen.
* Staffagebau = Die Erbauer von Landschaftsgärten inszenierten im 18. Jahrhundert nach der Zeit des Barock bewusst schöne, aber künstliche Natur-Bilder. Wie in Gemälden wurden diese mit schmückenden Kleinbauten im Park aufgewertet - Staffagebauten genannt. Es sind es Ruinen, Eremitagen und Grotten, Türme und Tempel. Dazu kamen Brücken über gestaltete Wassersysteme, die der Natur nachempfunden waren.
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Quelle: Brigitta Möllermann, www.HESSENMAGAZIN.de
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