Frankfurter Wissenschaftler erforschen die Wirkung von Curcumin*
[Hessen - Welt] Schützen Currywurst, Joghurt und Limonade künftig vor Alzheimer und Krebs? Möglich ist es, glauben Frankfurter Forscher. In einem vom Bundesforschungsministerium geförderten Verbundprojekt spüren sie der Wirkung des aus der Gelbwurzel stammenden Curcumin auf Gehirn und Krebstumoren nach und suchen nach Wegen, es effizienter im Körper zu machen. Dass der Farbstoff, der Currypulver wie auch Margarine gelb macht, dem menschlichen Organismus gut tut, ist seit langem bekannt. Er senkt Cholesterin und hilft gegen Entzündungen. Selbst dass die Substanz Tumorzellen bremsen kann, ist nicht neu. Internationale medizinische Studien dazu gibt es seit rund zehn Jahren. Nur: Um den gewünschten Effekt zu erreichen, müsste der Mensch Curcumin jeden Tag grammweise verputzen, was niemand tut.
Kleine Kügelchen enthalten das Curcumin
An diesem Punkt setzen die Frankfurter Wissenschafter an. Der Biologe Gunter Eckert von der Goethe-Universität und Jakob Weißenberger vom Zentrum für Neurologie und Neurochirurgie der Uniklinik arbeiten in einem vom Bundesforschungsministerium geförderten Verbundprojekt daran, das Pigment so aufzubereiten, dass der Körper es besser – und vor allem in winzigen Dosen – aufnimmt.
Die höhere Bioverfügbarkeit könnte Krankheiten wie Alzheimer und Krebs vorbeugen
Bisher hemmt der Darm die Bioverfügbarkeit. Er befördert die Partikel genauso schnell wieder nach draußen wie sie hineinkommen. Die Leber tut ein Übriges, indem sie „alle Verbindungen verstoffwechselt und damit zum Teil unwirksam macht“, erläutert Gunter Eckert. Künftig sollen so genannte „Transportvehikel“ den Darm überlisten und dem Curcumin die Tür zu den Zellen öffnen. Dazu werden Mizellen genannte Kügelchen, die das Curcumin tragen, in Lebensmittel eingearbeitet – ein Standardverfahren in der Getränkeindustrie. Weil das normalerweise fettlösliche Curcumin in Form von Mizellen auch wasserlöslich ist, experimentieren die Forscher mit Nahrungsmitteln, bei denen Verbraucher gern und viel zugreifen: Joghurt, Smoothies, Backzutaten, Getränke.
Krebshemmende Wirkung nachgewiesen
Eckert und Weißenberger erforschen, ob und wie das aufbereitete Curcumin Alterungsprozesse und Hirntumore beeinflusst. Nach wenigen Monaten liegen bereits erste Ergebnisse aus Tierversuchen vor. „Curcuminhaltiges Futter hat die Überlebensrate bei Gliomen deutlich verbessert“, freut sich Jakob Weißenberger, ein Spezialist für die besonders aggressiven Tumore. Sie führen beim Menschen innerhalb weniger Monate zum Tod. Im Labor bewies der Frankfurter, dass das über die Nahrung eingeschleuste Curcumin einen bestimmten krebsauslösenden Prozess im Gehirn blockiert. Über den Darm, so vermutet Weißenberger, gelangt der Stoff wie erhofft ins Blut, wandert Richtung Gehirn und tut, was Menschen eines Tages helfen könnte: „Es konnte eine krebshemmende Wirkung gezeigt werden, also muss etwas angekommen sein.“
Schutz vor der gefürchteten Demenzkrankheit?
Gunter Eckert untersucht altersbedingte Veränderungen von Gehirnzellen. Im Fokus steht Alzheimer, eine Erkrankung, die der Frankfurter Arzt Alois Alzheimer vor genau 100 Jahren erstmals beschrieb. In Deutschland leiden etwa 1,2 Millionen Menschen daran - Tendenz steigend, weil die Menschen immer älter werden. „Wenn ich alte Hirne jung halte, reduziere ich das Risiko für Alzheimer“, ist Eckert überzeugt. Dazu müssen die Mitochondrien, die Kraftwerke der Zellen, leistungsfähig bleiben. „Ohne Energie sterben Nervenzellen ab, Alzheimer kann sich entwickeln.“ Versuche des Biologen mit Curcumin sind vielversprechend: „Es schützt die Mitochondrien.“ Eines Tages, so die Vision, könnte der Verzehr curcuminhaltiger Lebensmittel der gefürchteten Demenzerkrankung vorbeugen.
Auch Nahrungsmittelhersteller beteiligen sich an dem Verbundprojekt
„Prävention ist unsere Zielsetzung“, sagt Eckert. Die Kosten für Entwicklung und Einsatz solcher funktioneller Lebensmittel liegen ein Vielfaches unter denen für Medikamente. Angesichts der prognostizierten Zunahme von Alzheimer-Erkrankungen lockt zudem ein riesiger Markt. Deshalb beteiligen sich neben den Hochschulen aus Frankfurt, Jena, Kiel und Hohenheim auch fünf Hersteller aus der Nahrungsmittelindustrie an dem Verbundprojekt.
Dazu gehören der größte Backlieferant Deutschlands, ein Marmeladenproduzent aus Schleswig-Holstein, ein Gewürzhersteller aus dem bayerischen Kulmbach und zwei Unternehmen aus der Wissensregion Rhein-Main. Eine Wasseraufbereitungsfirma aus Darmstadt steuert die Mizellen bei, die das Curcumin in die Lebensmittel und durch den Körper transportieren. Ein Mineralwasserhersteller aus Frankfurts Nachbarstadt Bad Vilbel lieferte den Forscher das erste Produkt, das mit den Bläschen angereichert wurde – ein wie Orangenlimo aussehendes Mineralwasser. „Den Zusatz schmecken Sie nicht. Die Mizellen sind geschmacksneutral“, versichert Eckert. Gewonnen wird das Pigment auf der Basis von natürlichem Zuckerstoff.
Bis zur Marktreife braucht es noch Zeit
Das Bundesforschungsministerium finanziert das Projekt mit rund 1,5 Millionen Euro, verteilt auf drei Jahre. Rund 420.000 Euro bekommen die Frankfurter. Den Rest teilen ihre Kollegen aus Jena, Kiel und Hohenheim, wo das Projekt koordiniert wird. Während das Team der Uni Kiel erforscht, ob die schützende Wirkung des Gewürzstoffs genetisch bedingt von Mensch zu Mensch verschieden ist, erforschen Wissenschaftler in Jena, wie der Gewürzstoff beschädigte Zellen im Gehirn beseitigen kann. Und in Hohenheim sitzen die „Transportspezialisten“.
Quelle Text: Margarete Lausberg, Frankfurt am Main (pia), Foto: (bm) HESSENMAGAZIN.de
* Kurkuma (Curcuma longa), auch als gelber Ingwer, Safran-, Gelbwurz(el) bekannt, ist eine aus Südasien stammende Pflanzenart aus der Familie der Ingwergewächse. Sie wird in den Tropen kultiviert und ähnelt stark dem Ingwer, hat ein gelbes Fleisch, das frisch und getrocknet als Gewürz und Farbstoff verwendet wird. Das enthält bis zu fünf Prozent ätherische Öle, bis zu drei Prozent das gelb färbende Curcumin und wirkt anregend auf die Verdauung. Mehr dazu bei Wikipedia <-KLICK
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