[Deutschland] Bevor wir verstehen, was ein Internetriese wie Amazon damit bezweckt, Tafeln zu unterstützen und Katastrophenhilfe zu leisten, müssen wir wissen, welche Methode dahintersteckt. In Kinderzeiten verdächtigte man ein entsprechend auffälliges Verhalten als "einschleimen" oder "sich einschmeicheln", weil eventuell nur beabsichtigt wurde, sich beliebt zu machen, um das eigene Ansehen zu verbessern und Vorteile zu erlangen (Prinzip Heiratsschwindler :-).
Was also hat der Online-Marktplatz Amazon davon, sich überaus umfangreich sozial zu gebärden? Sein Geschäft ist der Handel. Ist die Konzernleitung auf einmal weichherzig geworden?
Im Gegenteil. Mit derselben durchdachten Strategie, mit der man Marktführer geworden ist, entwickelt man Wege, um sich öffentlich positiv darzustellen.
Das ist nicht ungewöhnlich. Viele Firmen spenden immer mal kleine oder größere Summen an Vereine, Kindergärten oder gemeinnützige Organisationen, um nicht nur über ihre Umsatzzahlen in die Medien zu kommen. Letztendlich ist das für alle eine "Win-Win-Situation" :-)
Betrachtet man jedoch den Umfang aller Aktionen von Amazon, ruft das Kritiker auf den Plan. Zum Beispiel "LobbyControl", einen gemeinnützigen Verein, der sich nach eigenen Aussagen "für Transparenz, eine demokratische Kontrolle und klare Schranken der Einflussnahme auf Politik und Öffentlichkeit in Deutschland und Europa einsetzt".
In seiner heutigen Pressemitteilung befasst LobbyControl sich mit Amazons fragwürdiger Lobbystrategie:
Köln, 27.11.2024: Mit einer groß angelegten PR-Kampagne versucht Amazon, seine Kritiker:innen zu besänftigen. Neben klassischer Lobbyarbeit <-KLICK setzt der Konzern dabei auf sogenanntes Deep Lobbying, unter anderem durch Geschenke und Sponsoring. Damit geht Amazon gegen Kritik an schlechten Arbeitsbedingungen, Steuervermeidung und Monopolmacht vor. Dies geht aus einer aktuellen Recherche von LobbyControl zur Black Friday Week hervor.
Im Umfeld seiner Logistikzentren engagiert sich Amazon besonders aktiv. Ein Beispiel hierfür ist in Rheinberg am Niederrhein. Der Konzern unterstützt dort Schulen mit Materialspenden, fördert Tafel-Einrichtungen, finanziert Freizeitaktivitäten und hat sogar einen Kirschbaum auf einem Spielplatz gepflanzt. Diese Maßnahmen dienen dazu, regelmäßig positive Berichterstattung in der lokalen Presse zu generieren.
Ein besonderer Schwerpunkt ist die Katastrophenhilfe. Von Rheinberg aus versorgt der Konzern Menschen in ganz Europa mit Hilfsmitteln. Diese Unterstützung kann für die Betroffenen von großer Bedeutung sein. Allerdings besteht die Gefahr, dass ein privater Konzern staatliche Aufgaben übernimmt und problematische Abhängigkeiten entstehen. Die Politik muss die Kontrolle über öffentliche Infrastruktur behalten. Die Versorgung von Menschen in Not darf nicht von einem gewinnorientierten Konzern abhängen.
Das gilt auch für die Unterstützung der Tafel-Einrichtungen durch Amazon. Diese ist für die Tafeln von zentraler Bedeutung, ohne die sie die Lebensmittel nicht in der Menge und der Passgenauigkeit an armutsbetroffene Menschen umverteilen könnten. Amazon hat es geschafft, sich in diesem Bereich unentbehrlich zu machen. Das wissen auch die verantwortlichen Kommunalpolitiker:innen, die sich angesichts knapper Kassen eine härtere Gangart gegenüber Amazon zweimal überlegen werden, wenn sie damit riskieren, die Versorgung von armutsbetroffenen Menschen zu verschlechtern.
Besonderes Augenmerk legt Amazon auf den Bildungsbereich
Das Programm „Amazon Future Engineers“ arbeitet bereits offiziell mit 18 Partnerorganisationen in Deutschland und Österreich zusammen. Zusätzlich zu diesen Kooperationen beteiligt sich Amazon beispielsweise im Rahmen der Thüringer Bildungsinitiative „Klima-Programmierer: Klima-Resilienz durch Coding“ in Zusammenarbeit mit dem Thüringer Bildungsministerium.
Dieses „soziale Engagement“ bietet Amazon vielfältige Vorteile: Es ermöglicht positive Berichterstattung in der Lokalpresse, den Aufbau und die Pflege von Kontakten zu den Verantwortlichen der Logistikstandorte sowie die Darstellung der gesellschaftlichen Verantwortung des Konzerns auf seiner Website.
Diese Art von Lobbyarbeit wird Deep Lobbying genannt. Dabei geht es nicht direkt um Einfluss auf die Politik. Die Strategie zielt darauf ab, langfristig die Einstellungen, Stimmung und Diskurse in der Bevölkerung und der Politik zu beeinflussen und in eine bestimmte Richtung zu lenken. Politische Entscheidungen werden also indirekt über die Einflussnahme auf die Öffentlichkeit beeinflusst. Damit geht Deep Lobbying über Einflussnahme auf einzelne Gesetzesverfahren hinaus.
Quelle: www.lobbycontrol.de
Gut zu wissen
Lobbyismus bzw. Lobbyarbeit ist eine "gängiges" Mittel von Interessengruppen in Deutschland, Einfluss auf Politiker und Entscheidungsträger zu nehmen. Bei Treffen, in Anhörungen und durch Gespräche sowie die Pflege persönlicher Beziehungen oder auch mittels Informationen und Studien sollen die Ziele und Anliegen von Umweltorganisationen, Gewerkschaften oder auch mancher Firmen besser berücksichtigt werden. (Prinzip Schülervertretung :-)
Wikipedia schreibt dazu:
Lobbying ist ein Aspekt des öffentlichen politischen Entscheidungsprozesses in Demokratien und ist nicht per se eine unmoralische Praxis. Das Herantragen von Interessen an Entscheidungsträger gehört zum Wesensmerkmal parlamentarischer Demokratie und lässt sich dem intermediären Bereich zwischen Bürger und Staat zuordnen. Um Entscheidungen im Gesamtinteresse der Gesellschaft treffen zu können, müssen Politiker sich über hochkomplexe Fragestellungen und Inhalte informieren. Dabei sind sie auf gut aufbereitete Informationen und Argumente verschiedener Interessengruppen angewiesen.
Vor nicht allzulanger Zeit wurde ein Lobby-Register beim Deutschen Bundestag erstellt, um mehr Transparenz zu schaffen. Es ist online zugänglich und ermöglicht es jedem, sich über die Beteiligten zu informieren. Das Bundesgesetz dazu trat im Januar 2022 in Kraft.
Im Einzelnen heißt es da: "Interessenvertreter müssen sich im öffentlichen Lobbyregister eintragen, wenn sie regelmäßig, dauerhaft oder geschäftsmäßig Interessenvertretung betreiben oder dies in Auftrag geben." Und es müssen zwingend Angaben zur Organisation bzw. oder Person gemacht werden
Einzelheiten darüber beim BMI: HIER <-KLICK.
Das Lobbyregister finden Sie HIER: www.lobbyregister.bundestag.de/startseite <-KLICK.
Quelle: Brigitta Möllermann, HESSENMAGAZIN.de