[EU] Bereits am 15. Mai 2024 gab Greenpeace die Pressemeldung "Amazon, HelloFresh und Zalando in Verbindung mit Waldzerstörung" heraus. Eine Recherche der Umweltschutzorganisation zeigt, dass Holz aus Schwedens alten Wäldern als Verpackungsmüll in Deutschland endet. Dazu hatten Greenpeace-Investigativ-Teams insgesamt 44 Peilsender in gefällten Bäumen aus 23 alten Wäldern in Schweden verbaut. So konnten die Stämme bis in Papier- und Zellstoffabriken verfolgt werden.
Weitere Einblicke in die Lieferketten zeigen, dass diese Fabriken Abnehmer auch in Deutschland haben
“Unternehmen wie Amazon, HelloFresh und Zalando nehmen die Abholzung der letzten Naturwälder Schwedens in Kauf“, sagt Jannes Stoppel, Waldexperte bei Greenpeace Deutschland. „Wenn sie ihre Nachhaltigkeitsversprechen einhalten wollen, müssen sie ihre Lieferanten dazu bringen, keine wertvollen Ökosysteme für Wegwerfprodukte zu zerstören.”
Verpackungsindustrie gefährdet die Lebensweise der Volksgruppe der Sami und ihrer Rentiere
Schweden definiert “alte Wälder” als Wälder, die noch nie vollständig abgeholzt wurden, deren Baumbestand unterschiedlich alt ist und die eine hohe Artenvielfalt aufweisen. Diese Wälder kahlzuschlagen, bisher eine gängige Praxis in Schweden, gefährdet das Überleben bedrohter Tier- und Pflanzenarten. Auch die traditionelle Lebensweise der einzigen indigenen Bevölkerung der Europäischen Union, der Sami, ist vom Fortbestehen alter Wälder abhängig. Bis heute züchten und halten sie Rentiere, deren Hauptnahrung im Winter Flechten sind, die vor allem in alten, natürlichen Wäldern wachsen.
Seit den 1950er Jahren hat Schweden 60 Prozent seiner Naturwälder in Holzplantagen umgewandelt. Bleibt es bei dieser Rate, gibt es im ganzen Land in rund 50 Jahren keine natürlichen Wälder mehr.
Die Verpackungsindustrie ist der größte und am schnellsten wachsende Verbraucher von Holzfasern aus schwedischen Wäldern. Deutschland allein nimmt ein Fünftel aller schwedischen Papierexporte ab.
“Ihre Marktmacht verleiht Konzernen wie Amazon, HelloFresh oder Zalando auch Verantwortung. Sie können Druck auf die schwedische Forstwirtschaft ausüben, Holz aus alten Wäldern aus ihren Produkten verbannen und auf ein Ende des Kahlschlags drängen. Holz ist zu wertvoll, um es für Wegwerf-Verpackungen zu verschwenden”, so Stoppel.
Den ganzen Report (in englisch) mit Bildern "KILLED BY CARDBOARD" finden Sie HIER <-KLICK.
Auch Ikea nutzt Holz aus letzten Urwäldern Europas
Schon im April 2024 deckte Greenpeace das auf. Deswegen protestieren Greenpeace-Aktivisten vor der Ikea-Wallau-Filiale in Hofheim/Taunus. Einige der letzten verbliebenen Urwälder Europas in den rumänischen Karpaten werden unter anderem für Ikea-Möbel gefällt. Das zeigt eine Recherche von Greenpeace Zentral- und Osteuropa.
Ikea beschäftigt für die Produktion seiner Möbel auch externe Hersteller. Die Studie konnte nachweisen, dass sieben Unternehmen, die Ikea-Klassiker wie Ingolf-Stühle oder Sniglar-Babybetten herstellen, Holz aus alten, wertvollen Wäldern und sogar Urwäldern nutzen. In Ikea-Filialen in 13 Ländern, darunter auch Deutschland, wurden 30 verschiedene Produkte dieser Lieferanten gefunden.
“Ikea darf nicht die letzten Urwälder Europas für Möbel zerstören”, sagt Greenpeace-Waldexpertin Gesche Jürgens. “Alte Wälder sind für die Gesundheit des Planeten unverzichtbar und müssen sofort geschützt werden. Ohne sie werden wir die Arten- und Klimakrise nicht in den Griff bekommen. Ikea muss gegen diesen Raubbau vorgehen.”
Bedrohte Karpaten sind ein Hotspot für Artenvielfalt in Europa
Für die Recherche haben Greenpeace-Teams den Weg des Holzes anhand von Abholz-Genehmigungen, Satellitenbildern und Holzlagern aus den Wäldern Rumäniens bis in die Regale der Ikea-Filialen verfolgt. Zwischen September 2023 und März 2024 gingen Greenpeace-Aktive in Ikea-Geschäfte und fanden in 13 Ländern Produkte von Herstellern, die Holz aus alten Wäldern beziehen: In Deutschland, Österreich, Belgien, Tschechien, Finnland, Frankreich, Ungarn, Italien, Polen, Schweden, Schweiz, Israel und im Vereinigten Königreich.
In den Karpatenwäldern leben die größten europäischen Populationen von Braunbären, Wölfen, Gemsen und Luchsen sowie mehr als ein Drittel aller europäischen Pflanzenarten. Unternehmen und Behörden sträuben sich seit Jahren dagegen, dass wertvolle Wälder in Rumänien als Urwälder ausgewiesen werden. Daher sind nur etwa 2,4 Prozent der rumänischen Karpatenwälder derzeit vor Abholzung geschützt.
Schätzungen zufolge hat Rumänien in den letzten 20 Jahren die Hälfte seiner unberührten Urwälder durch Holzeinschlag verloren
Die europäische Biodiversitätsstrategie sieht vor, dass insbesondere alte, naturnahe Wälder und Urwälder unter strengen Schutz gestellt werden. “Es ist Aufgabe der EU, die eigenen Wälder stärker zu schützen, das heißt, Einschlag in Urwäldern und alten Wäldern zu verbieten. Aber auch Unternehmen haben eine Verantwortung. Ikea behauptet, nachhaltig zu sein, profitiert aber im Moment immens vom schwachen Naturschutz in den Karpaten. Ikea muss seinen eigenen Nachhaltigkeitsversprechen gerecht werden und seine Lieferkette von der Zerstörung der Urwälder säubern”, fordert Jürgens.
Quelle: Greenpeace e.V. - www.greenpeace.de