Thema: Hochverarbeitete Lebensmittel

Donnerstag, den 25. September 2025 um 07:06 Uhr Das leibliche Wohl - Natürlich essen
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Wurst Beispiel: Schmeckt gut... Ist das Lebensmittel aber auch gesund? (c) HESSENMAGAZIN.de

[Deutschland und drumherum] Weltweit ist jeder fünfte Mensch im Alter von fünf bis 19 Jahren laut eines UNICEF-Berichts übergewichtig, jeder Zehnte sogar fettleibig. Damit erhöht sich das Risiko für viele Krankheiten. Studien zeigen Zusammenhänge zwischen einem hohen Konsum an hochverarbeiteten Lebensmitteln (Ultra-Processed Foods, UPF) und Adipositas, Bluthochdruck, Typ-2-Diabetes sowie kardiovaskulären Erkrankungen.

Welche Lebensmittel in die Kategorie „hochverarbeitet“ gehören - wissenschaftlich gesehen sowie für die Kommunikation bei Ernährungsbildung - haben am 18. September 2025 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler versucht zu ergründen auf der diesjährigen Arbeitstagung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE).

Eine einheitliche Definition zu „hochverarbeitet“ existiert bislang nicht

Die aus Mangel an Alternativen häufig angewandte, aber kritisch betrachtete NOVA-Klassifikation teilt Lebensmittel nach ihrem Verarbeitungsgrad, der Menge der Zutaten und Zusatzstoffe oder der Art der Verpackung ein und geht von 1 (unverarbeitet) bis 4 (hochverarbeitet).

Gut zu wissen

NOVA ordnet Lebensmittel in vier Gruppen nach dem Grad ihrer industriellen Verarbeitung: von unverarbeitet (Früchte, Gemüse, frisches Fleisch) über Zutaten (Öl, Zucker) und verarbeitete Produkte (Konserven, Brot) bis zu hochverarbeiteten Fertigprodukten mit vielen Zusatzstoffen.

Die Einordnung hilft zu zeigen, dass stark verarbeitete Produkte häufiger ungesundere Zutaten und Zusatzstoffe enthalten. Für eine gesündere Ernährung empfiehlt NOVA, überwiegend Lebensmittel aus den ersten beiden Gruppen zu wählen und den Konsum hochverarbeiteter Produkte zu reduzieren.

Der Knackpunkt bei NOVA ist: Sie berücksichtigt ausschließlich die industrielle Verarbeitung von Lebensmitteln. Die Küchenpraxis zu Hause wird vernachlässigt. Dabei zeigen Beispiele, dass sich angewandte Verarbeitungstechniken durchaus ähneln.

Nachvollziehbar ist das beim Apfelmus aus gewerblicher Produktion versus selbst gemachtem Apfelmus. Ersteres landet in NOVA Kategorie 3 oder 4, also stark verarbeitet. Selbst gekocht dürfte es sich mit NOVA 1 schmücken.


Auch die Frage, welche Gruppen von Lebensmitteln tatsächlich gesundheitliche Risiken erhöhen, könnte in der NOVA-Klassifikation genauer herausgearbeitet werden. Dazu müssten die hochverarbeiteten Lebensmittel (Gruppe 4) stärker differenziert betrachtet und in Subgruppen unterteilt werden.

Mit dem Blick auf den steigenden und nachvollziehbaren Einsatz von Alternativprodukten (Fleisch-, Milch- und andere Produkte) im Haushalt, aber auch in der Gemeinschaftsverpflegung und immer weniger frisch verwendeten Lebensmitteln, brauchen wohl Wissenschaft und Forschung weitere Definitionen und mehr Daten.

Verbraucher sind auf verständliche Kommunikation und Entscheidungshilfen angewiesen

Ultra‑Processed Foods (UPF) sind industriell gefertigte, verzehrfertige Produkte mit vielen Zutaten und Zusatzstoffen, die in mehreren Verarbeitungsschritten hergestellt werden. Typische Beispiele sind Fertiggerichte, Softdrinks, Snacks, industrielle Backwaren und viele Tiefkühlprodukte.

Sie alle zeichnen sich durch hohe Anteile an Zucker, Salz und Fett sowie einen geringen Gehalt an Ballaststoffen und wichtigen Mikronährstoffen aus. Zahlreiche Studien verknüpfen hohen Konsum von UPF mit einem erhöhten Risiko für Übergewicht, Typ‑2‑Diabetes und Herz‑Kreislauf‑Erkrankungen.

Für Gesundheit und Prävention empfiehlt die Fachwelt, den Anteil stark verarbeiteter Produkte zu reduzieren und stattdessen auf frische, unverarbeitete oder minimal verarbeitete Lebensmittel wie Obst, Gemüse, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte und unverarbeitetes Fleisch oder Fisch zu setzen.

Um den Anteil von UPF in der täglichen Ernährung zu verringern und öffentliche Gesundheitsziele zu unterstützen, gelten Verbraucherinformation, Ernährungskompetenz und bessere Kennzeichnungsstrategien als zentrale Maßnahmen.


Ob UPF nachhaltig sind, darauf wird bislang kaum eingegangen und das ist auch forschungsseitig unterrepräsentiert

Forschung und öffentliche Debatten konzentrieren sich überwiegend auf die Nährstoffzusammensetzung und Gesundheitsrisiken, nicht aber auf den gesamten ökologischen Footprint der Herstellungs‑ und Lieferketten. Entscheidende Aspekte sind lediglich der Energie‑ und Wasserverbrauch in der Produktion, die Herkunft und Produktionsweise der Rohstoffe, Verpackungsaufwand sowie Transport- und Entsorgungsfolgen.

Forschung, Politik und Hersteller sollten gemeinsame Standards entwickeln: verbindliche Umweltkennzeichnungen, verpflichtende LCA‑Daten für Produktgruppen und verbindliche Reduktionsziele für Energieeinsatz und Verpackungsmüll.

Unabhängig davon bleibt die gesundheitspolitische Dringlichkeit

Die allgegenwärtige Verfügbarkeit und aggressive Vermarktung zuckerhaltiger Getränke, salziger und süßer Snacks sowie Fast Food tragen wesentlich zur Krankheitslast bei, wie UNICEF‑Bewertungen und zahlreiche Studien zu Erfrischungsgetränken zeigen. Das wären Verbraucherschutz, Werbebeschränkungen und Steuer‑ bzw. Preisregulierungen ebenso notwendig wie ökologische Vorgaben.

Quelle Text: Britta Klein, bzfe.de, Ergänzungen: Brigitta Möllermann, HESSENMAGAZIN.de