Digitale Fitness ist keine Frage des Alters

Montag, den 12. Februar 2018 um 07:36 Uhr Gut zu wissen - Notiert !
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Veranstaltung 'Arbeit-Alter-Innovation' in der Handwerkskammer (c) HWK[Hessen] Digital Natives sind innovativ, können die neueste Technologie und beherrschen die neuesten Applikationen für das Smartphone oder das Tablet. Das wird ihnen gerne unterstellt. Doch stellt diese Technikaffinität auch gleich eine anwendbare Kompetenz in der Arbeitswelt 4.0 dar? Und wie steht es um die digitale Fitness der Generation 50plus? Können sie mithalten? Und wie können sie für die digitale Transformation gestärkt werden? Um diese Fragen ging es bei der Veranstaltung „Arbeit – Alter – Innovation“ in der Handwerkskammer Wiesbaden am 6. Februar 2018.

Für Christian Stamov Roßnagel, Professor für Organisationspsychologie an der Jacobs University Bremen, ist die digitale Fitness keine Frage des Alters. Er betonte, „dass ältere Beschäftigte von Jüngeren als vergleichsweise wenig technikaffin und lernbereit eingeschätzt werden – und dass Ältere diese Eigenschaften auch ihren Altersgenossen zuschreiben.“ Die Folgen? Einbußen in der Leistungsbereitschaft und Befürchtungen, im digitalen Wandel nicht Schritt halten zu können.

Dabei hat die junge Belegschaft gegenüber den älteren Kollegen gar keinen Startvorteil: „Untersuchungen zufolge fühlen sich 27 Prozent der unter 30-Jährigen von der Geschwindigkeit des digitalen Wandels überfordert und 24 Prozent geben an, sich mit digitaler Technologie nicht auszukennen“, erklärte Stamov Roßnagel. „Bei den über 50-Jährigen sind es dagegen nur 18 Prozent!“ fuhr er fort. Entscheidend seien Weiterbildungen, die diesen Namen verdienen. Bei ihnen erschöpfe sich die vielbeschworene „Teilnehmendenorientierung“ nicht darin, dass man ältere Teilnehmende einfach in eine Extragruppe packe und dies als „Weiterbildung 50+“ verkaufe.

Die Herausforderung der Arbeitswelt 4.0 annehmen

So sieht es auch Gastgeber Klaus Repp, Präsident der Handwerkskammer Wiesbaden. Die digitale Transformation habe auch das Handwerk und seine 130 Ausbildungsberufe längst erreicht. Sie müsse mit einer älter werdenden Belegschaft gemeistert werden. Der Handwerkskammer komme in diesem Prozess „die Aufgabe zu, unsere Mitgliedsbetriebe zielgenau zu unterstützen, zu beraten und weiterzubilden.“ sagte Repp. Zu diesem Zweck stellen die drei hessischen Handwerkskammern mit Unterstützung des Landes auch Digitalisierungsberater ein, erläuterte er.

Detlef Lamm, Vorstandsvorsitzender der AOK Hessen, sieht sich vor ähnliche Herausforderungen gestellt. Die Digitalisierung ist für die AOK Hessen von großer Bedeutung. Das Unternehmen verliert alterungsbedingt wertvolle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. „Wir können diese Menschen längst nicht alle durch neue Beschäftigte ersetzen, weil es die am Arbeitsmarkt nicht mehr gibt. Im demografischen Wandel setzen wir auf Generationenvielfalt, denn alle Altersgruppen verfügen über besondere Talente, Befähigungen und Erfahrungen, die es zu wertschätzen und zu nutzen gilt“, so Lamm.

Dafür würden alle Generationen im Unternehmen gebraucht. Damit sie erfolgreich zusammen wirken können, ist es nach Ansicht von Martina Schmeink, Geschäftsführerin des Demographie Netzwerks ddn, entscheidend, falsche Ansichten über eine vermeintlich mangelnde digitale Tauglichkeit älterer Beschäftigter zu korrigieren: „Wir müssen die falschen Altersstereotype durch angemessene Generationenbilder ersetzen.“

Auch für Staatsminister Axel Wintermeyer ist das Zusammenspiel von demografischem Wandel und Digitalisierung eine stetig wachsende Herausforderung für die Gesellschaft: „In Zeiten des demografischen Wandels und der Digitalisierung stehen Wirtschaft und Verwaltung vor besonderen Herausforderungen. Dabei bietet die sich verändernde Arbeitswelt auch Chancen für eine älter werdende Gesellschaft.“ Es gelte, so Wintermeyer weiter, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter frühzeitig auf die Veränderungen im Arbeitsalltag vorzubereiten und die Unternehmen innovativ und gleichzeitig wettbewerbsfähig zu halten.

„Die Veranstaltung ‚Arbeit – Alter – Innovation’ ist daher ein wichtiger Austausch von Wirtschaft, Gesellschaft und Politik, um gemeinsam Lösungsansätze zu entwickeln und die stattfindende Entwicklung von Digitalisierung und demografischem Wandel miteinander zu verknüpfen“, erklärte der Chef der Hessischen Staatskanzlei und Demografiebeauftragte der Landesregierung.

Foto oben: V.l. Sonja Lambert, AOK Hessen, Staatsminister Axel Wintermeyer, Karl-Heinz Schütz, Agentur Mandelkern, Detlef Lamm, AOK Hessen, Martina Schmeink, ddn, Prof Dr. Christian Stamov-Roßnagel, Klaus Repp, Präsident der Handwerkskammer Wiesbaden und Dr. Martin Pott, stv. Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Wiesbaden

Quelle: Handwerkskammer Wiesbaden

„Arbeit – Alter – Innovation“ ist eine Partnerveranstaltung der Handwerkskammer Wiesbaden, der hessischen Staatskanzlei, der AOK Hessen, des Demographie Netzwerks ddn, der Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA) und des Demographienetzwerks FrankfurtRheinMain.