Umbrüche in Kunst und Architektur

Freitag, den 20. Dezember 2019 um 07:27 Uhr Kurz & Knapp - Kurznachrichten
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Führung durch die Ausstellung im Statt-Museum in Herbstein am Freitag, 3. Januar 2020, um 18.00 Uhr

[Herbstein/ Vogelsberg] Zum hundertsten Geburtstag von Rudolf Tuscher (*5. Juli 1919) haben David Weiß und J. Michael Ruhl eine umfangreiche Ausstellung zusammengetragen, die im Dachgeschoss des Statt Museums Herbstein zu sehen ist. Tuscher, Architekt, Maler und Modellbauer, lebte in seinen letzten 30 Jahren in Lauterbach. Er wäre 2019 hundert Jahre alt geworden. Die Führung ist im Rahmen der Karuszel-Treffen kostenfrei. Gäste sind willkommen.


Europaweit wird der „Tag des offenen Denkmal“ gefeiert, diesmal mit dem Motto „Modern(e): Umbrüche in Kunst und Architektur“. Im Herbsteiner Statt Museum wird das Thema auf das Leben des Architekten, Malers und Modellbauers Rudi Tuscher bezogen, der in Magdeburg geboren, sein ganzen Leben mit den Umbrüchen des letzten Jahrhunderts zu kämpfen hatte: und schließlich mit 61 Jahren in Lauterbach seine letzte Bleibe fand, die immerhin über 30 Jahre andauerte.

Die Ausstellung wurde am 08.09.2019 um 14.00 Uhr eröffnet. Rudis ewiger Wunsch nach einem „Rudi-Tuscher-Museum“ ist in Lauterbach nur zeitweise in Erfüllung gegangen. Die meisten seiner Dinge lagerten zum Abtransport auf dem Dachboden seiner letzten Wohnstätte in der Waldstraße, bevor sie nun von den Ausstellungsmachern gerettet wurden.

In den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts hatte Tuscher eine großzügige Wohn- und Ausstellungsstätte im alten Krankenhaus in der Rockelsgasse, dem damaligen Rotlichtbezirk von Lauterbach. Hier lebte, kochte und schlief er in seinem Atelier, hatte viele BesucherInnen und die meisten Räume waren mit seinen Bildern bestückt. Sein täglicher Spaziergang mit seinem Kater „Schmuser“ zum Strumpfbrunnen oder ins Cafe Stöhr waren legendär, die beiden gehörten lange Jahre zum Stadtbild von Lauterbach.

Rudi Tuscher - unmittelbar nach dem 1. Weltkrieg geboren - wuchs in einer bürgerlichen Familie in Tangermünde auf: sein Vater war ein sogenannter „Stromfischer“-er besaß als erster Elbfischer einen „Rheinschocker“-ein besonderes Schiff zum Aalfangen in der Elbe. Der kleine Rudi begann schon im Alter von 4 Jahren an zu malen, zu schnitzen und zu zeichnen. Viele Künstler waren in den 20er Jahren nach Tangermünde gekommen, um die malerische Kleinstadt abzubilden.

Das Haus der Tuschers stand für diese Boheme immer offen und so wuchs Rudi Tuscher in ein weltoffenes und künstlerisches Umfeld hinein. Mit 18 fing er an Architektur, Innenarchitektur und Modellbau zu studieren, und zwar in Magdeburg, Leipzig und Berlin, wo sicher das“ Bauhaus“ schon eine Rolle spielte. Mitten im Studium wurde er mit 20 Jahren Soldat (10.1.1939) und war danach ausschließlich in Frankreich stationiert

Rudi Tuscher kehrte 1946 aus einjähriger amerikanischer Kriegsgefangenschaft heim. Diese Zeit hat ihn bis ins hohe Alter geprägt, denn er sammelte mit Leidenschaft Geschichtliches über den Krieg, bemalte Zinn Soldaten und barg stapelweise Informationen über die Luftwaffe, doch hat er sehr wenig in dieser Zeit gemalt.

Weit vor dem Mauerbau ließ er sich in Westberlin nieder und verdiente sein Geld mit Ladenausbauten und Modellbauten u.a. auch für das britische Militär. Später fand er Anstellungen in großen Industriebetrieben in Köln, Bonn, Hannover und in Frankfurt-Höchst. Als das mit den Modellbauten nicht mehr so lief, wurde er Flohmarktveranstalter im Rhein-Maingebiet.

Auf der Suche nach einem Lager für seine gesammelten Dinge fand er schließlich im Jahre 1980 eine neue Bleibe in der alten Schule in Eichelhain. Schon ein Jahr später zog er nach Lauterbach, wo er sich als freier Künstler niederließ und auch recht erfolgreich wurde. Während er eine Zeit lang im Hohhaus-Museum beschäftigt war, schuf er Nacht für Nacht eine Unzahl von Bildern und Objekten.

Seine künstlerische Betätigung teilt sich vor allem in drei Sparten: Stadt und Landschaftsansichten –vor allem von Lauterbach( seine Ankerturmpostkarte wurde 20 000mal verkauft) , Abstrakte Malerei- von ihm physioanalytisches Arbeiten genannt, die er mit Material aus seinem Modellbau-Oeuvre kombinierte, und schließlich ganz plastische Arbeiten wie Drahtbäume, Dioramas und das Bemalen von Zinnsoldaten, von denen einige in den Vitrinen zu sehen sind. Schwerpunkt der Ausstellung ist vor allem sein malerisches Werk- vor allem seine abstrakte Phase, denn die meisten seiner Motivbilder befinden sich weitverstreut in privater Hand.

Die Ausstellung im Statt Museum Herbstein in der Obergasse 5 ist sonntags zwischen 14.00 Uhr und 16.30 Uhr zu besichtigen und wird bis Weihnachten zu sehen sein.

Quelle: Claus Schwing, Kulturverein Karuszel